
Opernwelt September/Oktober 2020
Editorial
Im Focus
Zeichen und Wunder
Festspiele als Lebenselixier: Salzburg trotzt mutig wägend der Viruskrise – nicht nur mit grandiosen Produktionen von Strauss’ «Elektra» und Mozarts «Così fan tutte»
Wagemut nach dem Fall
Als vor 100 Jahren auf den Ruinen des Alten Europa die Salzburger Festspiele ins Leben gerufen wurden, waren ihre spartenübergreifende, kosmopolitische Orientierung und ihr Rang als weltbekannte Kulturmarke noch Zukunftsmusik
Alles im Fluss
Das Festival d’Aix-en-Provence stellt auf der digitalen Bühne beispielhaft Ideen, Visionen und Prozesse vor, die dem für 2020 abgesagten Programm zugrunde liegen – und bietet Highlights aus der jüngsten Vergangenheit
Zweite Reihe
Seit zehn Jahren leitet Alessandro De Marchi die Festwochen der Alten Musik in Innsbruck. Die jüngsten Fundstücke: Ferdinando Paërs «Leonora» und Alessandro Melanis «L’empio punito»
Magie des Geimeinsinns
Wie Riccardo und Cristina Muti das Ravenna Festival in ein Forum des Aufbruchs verwandeln
Zugespitzt, feingeschliffen
Die Bühne Baden feiert in ihrer Sommerarena den 150. Geburtstag Franz Lehárs – mit einer einst vielgespielten Rarität: «Die blaue Mazur»
Ein Altmeister als Leitstern
Die Styriarte läutete in Graz den österreichischen Festspielsommer ein – mit einem Bühnenwerk des steirischen Hofkomponisten Johann Joseph Fux: «Gli Ossequi della Notte»
Grauzone
Der umtriebige Intendant des Verbier Festivals hat in Georgien und Lettland neue Festspielforen initiiert. Mit Rückenwind von Oligarchen. Nicht nur hier wirft die Liaison von Kunst, Macht und privatem Geld Fragen auf
Hören, Sehen, Lesen
Vornehmes Pathos
«San Giovanni Battista»: Damien Guillon nimmt sich mit handverlesenen Barockspezialisten Alessandro Stradellas oratorische Fassung des Salome-Jochanaan-Stoffs vor
Erkenntnis und Geschichte
Georg Philipp Telemanns «Miriways» mit der Berliner Akademie für Alte Musik, Leonardo Vincis «Gismondo, Re di Polonia» mit dem polnischen {oh!} Orkiestra Historyczna
CD des Monats
Wahnsinn mit Methode
So opulent wie von Stéphanie d’Oustrac und dem Ensemble Amarillis wird die Affekt-Palette barocker Klangkunst selten ausgereizt
Hören, Sehen, Lesen
Große Spannweite
Ein bemerkenswerter Fund: «Phèdre» von Jean-Baptiste Lemoyne, der es zum Vizekapellmeister Friedrichs II. brachte
Augenrollen, Händespreizen
Als pseudohistorisches Kostümspektakel verschenkt: Florenz spielt die Erstfassung von Gaspare Spontinis «Fernand Cortez»
Eigenmächtig
Wider die Dialektik der Zeitmaße: John Eliot Gardiner rückt Hector Berlioz’ «Benvenuto Cellini» zu Leibe
Auf Pans Spuren
Alexis Kossenko und Anna Reinhold erkunden Nebenwege des französischen Liedrepertoires
Plurale Identität
Das von Christiane Wiesenfeldt herausgegebene Handbuch zu Felix Mendelssohn Bartholdy porträtiert den Komponisten und sein Werk jenseits aller formelhaften Verkürzungen
Nostalgie hilft nicht weiter
Musikwissenschaftler, Stimmenhistoriker und praktizierende Künstler diskutieren über die Schwierigkeiten, Wagner zu singen
Interview
Die Intelligenz der Gefühle
Alexander Kluge ist ein Uomo universale im wahrsten Sinne des Wortes: eine umfassend gebildete, jeder Orthodoxie abholde Persönlichkeit, die das, was wir Realität nennen, in assoziativen Wort-, Bild- und Klang-Collagen befragt
Thema
Interview
Das Museum lebt!
Countertenor Max Emanuel Cencic ist Initiator des Festivals «Bayreuth Baroque». Am Fuße des Grünen Hügels sollen zwischen dem 3. und 13. September Nicola Porporas «Carlo il Calvo», Leonardo Vincis «Gismonda» und Konzerte mit Stars wie Joyce DiDonato und Jordi Savall an die bewegte Geschichte des Bayreuther Barocktheaters erinnern
Essay
Beethovens Schwestern
Dass Computer Klänge erzeugen können, ist nicht neu. Aber lassen sich mit Algorithmen auch genuin kreative, originelle Werke komponieren? Wie Künstliche Intelligenz die Musikwelt verändert
Service
In Memoriam
Paradoxes Charisma
Ennio Morricone war weit mehr als ein Star der Filmmusik
Magazin
Wagner zum Lesen
In authentischer Form: Der Bärenreiter Verlag legt ein Faksimile des Autografs der «Parsifal»-Partitur vor
Vom Fahrtwind verweht
Rassismus, Antisemitismus, Kolonialismus: bange Fragen zum «korrekten» Umgang mit (Musik)Geschichte
Nebensonnen
Er singt nicht nur britische Raritäten des 20. Jahrhunderts oder zeitgenössisches Musiktheater. Auch als Liedinterpret ist Roderick Williams (*1965) hochgeschätzt: Tausende lauschten im Radio seinem Recital mit Werken von Brahms, Schubert und den Schumanns aus Londons Wigmore Hall – einem der ersten Livekonzerte nach dem Shutdown. Eine andere Leidenschaft des Baritons: das Komponieren
Wünsch Dir was
Fortbildung der anderen Art: Wie die Initiative «Werkmünchen» Menschen unter die Arme greift, die auf der Bühne einen Neustart suchen
Aus eigener Kraft
Exemplarisch: Wie man am Münchner Gärtnerplatz in der Corona-Krise die Stärken des Ensembletheaters ausspielt
Auf Diät
Groß besetzte Werke in reduzierter Fassung hat es immer gegeben. Seit in Konzertsälen und Opernhäusern Abstandsregeln gelten, sind die Bearbeitungen so gefragt wie nie zuvor
Nicht mehr zeitgemäß
Das auf Provisionen beruhende Geschäftsmodell von Künstleragenturen ist im Corona-Shutdown zusammengebrochen. Fieberhaft wird an alternativen Szenarien gearbeitet
Sehnsucht nach Transzendenz
Ein Sucher, der aus der Stille und der Leere schöpft: zum 70. Geburtstag des Regisseurs Willy Decker
Eindlich einzusehen – teilweise
Verdis lange unter Verschluss gehaltener musikalischer Nachlass offenbart interessante Details. Etwa zu Verbindungen zwischen der «Messa da Requiem» und «Aida», der Entstehung des Streichquartetts und der Beschäftigung mit Heines Dichtung
Apropos... Wettbewerbe
Zum zehnten Mal findet im September der 2002 von dem Unternehmer Manfred Wittenstein initiierte, privat geförderte Debut-Gesangswettbewerb statt. Clarry Bartha, die Künstlerische Leiterin, hat diesmal 41 junge Solisten nach Weikersheim eingeladen. Gefordert ist ein breites Repertoire: Beethoven, Oper, deutsches Lied, englische und amerikanische Songs, Zeitgenössisches (u. a. eine Neukomposition von Giorgio Battistelli). Begleitet werden sie in der neuen Tauber Philharmonie vom Philharmonischen Orchester Würzburg unter GMD Enrico Calessi