Theater heute Mai 2009
Foyer
Stücke ’09 – das multikulturelle Grußwort
Auch wenn die Best-of-Festivals in diesem Jahr, das Berliner Theatertreffen und die Mülheimer «Stücke ’09», in ihrer Auswahl hoffnungslos metropolenlastig sind, kommen die guten Ideen oft aus der Provinz. In Darmstadt, wo es neben der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung auch 20 Prozent Ausländer-anteil gibt, hat das Staatstheater in seiner Theaterzeitung begonnen, ausgewählte Spielplanhinweise auch ins Italienische, Spanische und Türkische zu übersetzen. Im Einwanderungsland Deutschland eigentlich eine naheliegende Idee.
Wir haben das gleich mal auf Spanisch und Türkisch ausprobiert – mit einem besonderen Grußwort
zu «Stücke ’09», die das deutschsprachige Dramentreffen zunehmend Richtung Ausland öffnen.
Prädikat Bemerkenswert
"Die Liebe killt mich noch"
Was fehlt? Auch wenn jedes Auswahlgremium seine Entscheidung mit guten Gründen für die beste aller möglichen hält auch wenn Neu-Juror Andres Müry mit der Theatertreffenauswahl ziemlich zufrieden ist und Mühlheim-Entscheider Wolfgang Kralicek erklärt, warum die Nominierungen zu «Stücke 09» gar nicht anders hätten ausfallen können - wir haben Kollegen gefunden, die finden: Da fehlt sehr wohl was.
Eine fehlt aber garantiert nicht, sondern ist glücklicherweise ganz vorne dran: die Schauspielerin Birgit Minchmayr, ein Teufel von einem Weib!
Wir sind die Größten!
Ein Gespräch mit den Theatertreffen-Juroren Peter Müller und Wolfgang Höbel
Ganz bei und völlig außer sich
Was fehlt? - Karin Beiers Aneignung des «Goldenen Vlies» von Grillparzer im Schauspiel Köln
Erzählen, wie es wirklich war
Was fehlt? - Das Projekt «Staats-Sicherheiten», inszeniert von Clemens Bechtel am Hans-Otto-Theater Potsdam
Still und nonchalant
Was fehlt? - Jossi Wielers Uraufführung von Elfriede Jelineks «Rechnitz» an den Münchner Kammerspielen
It´s theatre, stupid
Wie kommen die besten Stücke nach Mülheim? Erläuterungen eines Jurors
Stein des Anstoßes
Marius von Mayenburgs «Der Stein» an der Berliner Schaubühne, inszeniert von Ingo Berk
Schauspielhaus Hamburg
Nicht von schlechten Eltern
Das Musical «Dorfpunks - die Blüten der Gewalt» von Studio Braun am Hamburger Schauspielhaus
Prädikat Bemerkenswert
Ich ist eine Gummizelle
Tilmann Köhler inszeniert Thomas Freyers «Und in den Nächten liegen wir stumm» im Schauspiel Hannover
Aufführungen
Sag zum Abschied böse Servus
Ulrich Khuons Thalia-Garde verabschiedet sich streng von Hamburg, damit der Trennungsschmerz fiebrig pocht. Michael Thalheimer lädt zu Schnitzlers «Reigen», Andreas Kriegenburg sucht den Single im «Menschenfeind», und Stephan Kimmig experimentiert mit Konsum-Viren: Dennis Kellys «Liebe und Geld»
Gestochen unscharfe Polaroids
Botho Strauß einst und jetzt: «Trilogie des Wiedersehens» am Wiener Burgtheater und die Uraufführung «Leichtes Spiel» am Münchner Residenztheater
Der Moment der Abrüstung
Es ist vollbracht: Nach «Mea Culpa» haben sogar die Wiener Christoph Schlingensief lieb
Buch
Schleef ist das All, und alle sind gegen Schleef
Der Schmerzensmann unter den deutschen Theatergesamtkünstlern.
Akteure
Ein Ekel nach dem anderen
Mit «Faust» nachts im Kurheim – ein Auszug aus Einar Schleefs Tagebuch, Band Vier, 1999–2001
Das Geheimnis des Erfolgs
Philipp Löhle weiß immer noch nicht, warum seine Stücke gespielt werden. Aber das ist auch gar nicht nötig. Ein Gespräch
Rechtsprechung
Ein Urteil fürs Regietheater
Wann gibt es Geld zurück? Das Hamburger Amtsgericht verhandelt zur Werktreue – und gibt Interpretationsfreiheit
Chronik
Vom Gebrauch des Menschen
Arthur Schnitzler «Der einsame Weg»
Hoch hinaus und tief hinab
Von Düffel nach Mann «Joseph und seine Brüder»
Im Gespinst der Schuldzuweisungen
Eugene O’Neill «Eines langen Tages Reise in die Nacht»
Frau Staatsanwältin Prospero
Shakespeare «Der Sturm»
Klavier in Plastik
Nino Haratischwili «Liv Stein»
Jet-Set bei der Arbeit
Gintersdorfer/Klaßen «Betrügen»
Fast ein Spuk
Robert Walser, «Der Gehülfe»
Im Rausch der Krise
Nach Kieslowski «Drei Farben: Blau, Weiß, Rot»
Im Neurosenparadies
Ewald Palmetshofer «Helden»
Zwei Keller voller Leichen
Jan Decker «Rückenschwimmer»
Schnee im Sommer
Tena Stivicic «Funkenflug»
Daten
Magazin
Kratzen am Grossen Einverständnis
Im staatstragenden russischen Mainstream wächst dem freien Theater wieder eine subversive Aufgabe zu, z.B. in Sankt Petersburg
Der Direktor
Schaubühnenmitbegründer Jürgen Schitthelm schaut immer noch gern zu
Akt der Verzweiflung
Pläne und Absurditäten der französischen Kulturpolitik
Magazin/Freie Szene
In der dritten Reihe
Das Ballhaus Naunynstraße in Berlin-Kreuzberg spezialisiert sich auf postmigrantische Themen
Magazin
Genug ist nicht genug
Was kann man eigentlich mehr verlangen, in so einem Frauenleben heute? Agnes (Sylvana Krappatsch) hat einen Mann, Walter (Samuel Finzi), der sie mag, Krimis schreibt und sehr souverän den Hausmann gibt. Sie hat eine moderat vorpubertäre Tochter, eine Sekretärin, einen interessanten Beruf als Neurowissenschaftlerin, wohnt in einem sympathisch postmateriell ausgestatteten Haus, und an ihrem Geburtstag kommen die Freunde zur Surprise Party, singen «Happy Birthday» und nehmen sie in die Arme. Warum fühlt sich dieses Leben für sie so tot an, dermaßen tot, dass selbst ein Toter sie nicht aus der Fassung bringen kann?
Gegenkritik: Stephan Kimmig
Wer ist schon «normal»? Stephan Kimmig hält die Kritik an seiner Inszenierung von Dennis Kellys «Liebe und Geld» für einen Abwehrreflex.