Schleef ist das All, und alle sind gegen Schleef

Der Schmerzensmann unter den deutschen Theatergesamt­künstlern.

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Geboren 1944 zu Sangerhausen in Thüringen, gestorben 2001 in Berlin. Der Regisseur, Schriftsteller, Bühnenbildner, Maler und manische Tagebuchschreiber, der 1976 die DDR verließ, hat in den 80er und 90er Jahren Publikum und Kritik gespalten in rasende Bewunderer und wütende Verächter. Zuletzt arbeitete er vor allem am Berliner Ensemble, am Wiener Burgtheater und am Deutschen Theater Berlin.

Geniekunst, deutscher Sprachraum, u.a. Jelinek-Schleef-Schlingensief-Schule, funktioniert so: Das Genie bezieht die ganze Welt auf sich.

Es fühlt sich täglich tödlich gekränkt und beleidigt. Die Kränkung ist Treibstoff. Das Werk ist Rache. Anerkennung muss und wird erzwungen werden. Größe wird behauptet und muss anerkannt werden. Die Energie, die das Genie in dieses Unternehmen steckt, würde manchem Feldherrn Ehre machen.

Diese Menschen kommen, wie sie nicht müde werden, uns mitzuteilen, morgens manchmal gar nicht aus dem Bett. Und trotzdem liefern sie ein wucherndes Werk von ehrfurchtgebietendem Umfang ab. Wer solches kann, der würde einen kleinen Krieg doch wie nebenbei für sich entscheiden: morgens Arbeit an der Oper des eigenen Lebens, nachmittags Überfall auf Polen, abends fernsehen, nachts ...

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