Theater heute Oktober 2008
Foyer
Saisonauftakt
Ja, mach nur einen Plan
Kleine Meisterwerke und was sie versprechen: Die Ankündigungen der neuen Spielzeit
Debatte
Ein Künstler, der nicht Englisch spricht, ist kein Künstler
Das «postdramatische Theater» ist die erfolgreichste Marke der jüngeren Theatergeschichte. Seit zehn Jahren spukt der Begriff, den das gleichnamige Buch von Hans-Thies Lehmann in die Welt gesetzt hat, durch die Köpfe und Debatten. Manchen gilt er als Glaubens be kenntnis, anderen als die Achse des Bösen. Er spaltet Schauspielschulen, polarisiert zwischen Freier Szene und Öffentlichen Bühnen, lässt die einen Kritiker jubeln und andere vor Wut aufheulen. Über wenig kann sich die Theaterwelt mehr aufregen – als hätte
man keine anderen Probleme.
Die erstaunliche Karriere verdankt sich nicht nur verschiedenen Theaterformen und -schulen, sondern auch seiner einzigartigen Unschärfe. Denn was das postdramatische Theater wirklich ist – und vor allem was nicht –, klärt Lehmanns Buch in seinen facettenreichen Widersprüchen kaum. Das muss fürs Theater kein Nachteil sein, denn was wäre langweiliger als ein uniformes Regelwerk?
Trotzdem kann es nie schaden, wenn man weiß, wovon man redet. Florian Malzacher wirft seinen zugewandten Blick auf das, was heute als postdramatisch gilt und fragt nach, wie sich dieses Theater in den letzten zehn Jahren verändert hat. Bernd Stegemann geht die Diskussion theoretisch an: Ist das Postdramatische ein Sonderfall von Theater, oder erweitert es seine Grenzen, oder bleibt es eher eine Schwundstufe?
Nach der Postdramatik
Theater ohne Drama und Mimesis mag ja ganz nett sein, aber es verzichtet auf seine stärksten Möglichkeiten
Festivals/Aufführungen
Liebe, Tod, Konzepte und 76 Männer
Der Sommer in Salzburg: Regietheater von Andrea Breth und Nicolas Stemann, neue Stücke von Jan Lauwers, Marius von Mayenburg und Simon Stephens bei den Festspielen
Wettstreit um einen Füller
Erkundungen des Miteinander: Für die 7. RuhrTriennale zeigt Johan Simons «Vergessene Straße» nach dem Roman von Louis Paul Boon; Alain Platel und Fabrizio Cassol inszenieren die Tanzkreation «Pitié! Erbarme Dich!» nach Bachs Matthäus-Passion
Ausland Indien
Die Dschungelkonferenz
Dramen der Ungleichheit in Indien – Diskussionen, Geschichten und Visionen aus einem Land im Umbruch, das sein Theaterverständnis neu definiert und sich über «Chamak» aufregt
Akteure
Das Bedürfnis nach Lügen
Marius von Mayenburgs «Der Stein» (der Stückabdruck liegt diesem Heft bei) fragt nach deutscher Geschichte im Privaten – und wie man sie gerne hört. Ein Gespräch
Achterbahnfahrt der Obsessionen
Frankreichs schillerndster Theatermacher Olivier Py hat das Pariser Théâtre de l’Odéon übernommen
Chronik
Liebe, Schmerz und Schmutz
Shakespeare «Was ihr wollt»
Nach Meyerhold!
Shakespeare «Hamlet»
Siebzehn und zwei plus drei
Juliane Kann «Siebzehn», Nora Mansmann «zwei brüder drei augen»
Wie? Wat? Vivat!
Büchner «Leonce und Lena», Petras nach Ibsen «Brand – Mein Gott ist Sturm»
Die Geschichte der Anderen
René Pollesch «Tal der fliegenden Messer»
Wenn der Grenzer zwei Mal klingelt
Karl Schönherr «Der Weibsteufel»
Daten
Magazin
Kreisen um die schwarzen Löcher
Das argentinische Off-Theater verarbeitet die Spuren der Diktatur – zum Beispiel in Jürgen Bergers dokumentarischem Familiendrama «Elsa»
True love comes out of work
Das Nature Theatre of Oklahoma brachte zwei Uraufführungen mit zum Kampnagel-Sommerfest in Hamburg
Postpartale Aufklärung
Eins der letzten Tabus unserer Gesellschaft sei sie, die «postpartale Depression», die Depression nach der Entbindung, behauptet das Presseheft zu Emily Atefs Film «Das Fremde in mir» nicht ohne Pathos. Aufklärung über, Verständnis für eine schwer vermittelbare Krankheit, der laut Wikipedia jährlich 80.000 Frauen in Deutschland zum Opfer fallen, hat sich die junge, in Berlin geborene Franko-Iranerin für ihren zweiten Spielfilm vorgenommen, und der bemerkenswert besetzte und gespielte Film wäre ohne diesen Vorsatz vielleicht ein wenig überraschender ausgefallen.
Schuld und Bühne
Das Nürnberger Schauspiel goes Speer und lässt sich die Laune nicht verderben
Hörbuch
Im Rahmen vermessen
Daniel Kehlmanns «Vermessung der Welt» als Hörspiel-CD
Magazin
Klinische Visionen, offene Spielwelten
Das Shakespeare-Festival im ungarischen Gyula zeigt Árpád Schillings «Hamlet» und «Maß für Maß» von Silviu Purcarete