Liebe, Schmerz und Schmutz
Shakespeares «Was ihr wollt» ist nicht nur eine Komödie, seine beliebteste, sondern auch ein Stück über das Irrewerden an der eigenen Identität, in das die Liebe und die ihr innewohnenden Projektionen seine Protagonisten stürzt. Wird man ein anderer, wenn man vom Rock in die Hose wechselt? Wer werde ich durch den Blick des anderen, der mein Geschlecht verkennt? Im elisabethanischen Theater gab es keine Frauen.
Auch das Mädchen Viola, das ein Schiffbruch in Illyrien an Land treibt, das sich als Junge verkleidet in den Dienst des Herzog Orsinos begibt und sich in ihn verliebt, war ein Schauspieler im Frauenkleid, der sich als Mann verkleidet und sich als Frau in einen Mann verliebt, der sie für einen Jungen hält.
Das drehte die Schraube der Geschlechterverwirrung im Stück noch eins weiter, und Michael Thalheimer nimmt das alte Spiel auf für den Saisonstart des Deutschen Theaters, der wegen Renovierungsarbeiten im Großen Haus in einem Zelt auf dem Vorplatz stattfand. Es hätte eine reizvolle Reflektion daraus werden können: über die Doppelbödigkeit allen Sprechens vor der Folie der Geschlechterzugehörigkeit. Über die Konstruktion von Geschlecht. Vielleicht sogar darüber, dass die Liebe ...
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