Die Innenseite des Augenblicks

Brechts Interviews: Ein neues Buch versammelt 91 Gespräche von Bertolt Brecht. Ein Gespräch mit dem Herausgeber Noah Willumsen

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Torben Ibs Das Buch «Unsere Hoffnung heute ist die Krise» versammelt 91 bisher unbekannte Interviews von Bertolt Brecht von den 1920er Jahren bis zu seinem Tod. Wie startete diese Interviewtätigkeit bei Brecht? 
Noah Willumsen Da gibt es eine Tagebuchnotiz. Er hat noch nie ein Interview gemacht und ist angefragt für eine Interviewreihe der Zeitschrift «Literarische Welt». Brecht und Elisabeth Hauptmann setzen sich zusammen, bereiten sich vor.

Sie schreiben alle möglichen Formulierungen auf, denken sich Fragen aus, die gestellt werden könnten oder sollten. Aber es kommt alles anders als erwartet. Der Interviewer sagt ab, ein anderer taucht auf, alles geht schief und nichts, was er vorbereitet hat, kann er benutzen. Und trotzdem: Schon die ersten Interviews sind ziemlich brillant. Man sieht aber die Verunsicherung. Es ist wie das erste Theaterstück, eine völlig neue Form von literarischem, aber auch politischem Ausdruck: ein Experiment mit den Medien. Mit Vorbereitung, mit Bedacht, mit verschiedenen Abmachungen, aber nicht unbedingt mit Autorisierung. Er bestimmt alles lieber im Voraus, und lässt dann etwas Neues entstehen.
Oft probiert er neue Thesen aus. Das erste Mal, dass das ...

NOAH WILLUMSEN hat Literatur und Philosophie in Pittsburgh und Berlin studiert. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am DFG-Graduiertenkolleg «Literatur- und Wissensgeschichte kleiner Formen» und promovierte bei Joseph Vogl über die Geschichte des Interviews von Brecht bis Heiner Müller

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Theater heute März 2023
Rubrik: Magazin, Seite 65
von

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