Kontrolle und Verlust

Todd Field spielt in «Tár» mit #MeToo und Cancel Culture in höchstkulturellen Kreisen – mit Cate Blanchett als Top-Dirigentin Lydia Tár

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Diese Frau, Lydia Tár, ist zu gut, zu schön und zu erfolgreich, um ganz wahr sein zu können. Sie hat als Komponistin und Dirigentin Ehre und Ruhm, ist die erste Dirigentin des berühmten Berliner Orchesters und hat nebenbei, als Schülerin Leonard Bernsteins souverän zwischen E und U unterwegs, noch den Grand Slam der Unterhaltung gewonnen, Emmy und Grammy, Oscar und Tony, EGOT genannt.

Eine solche Figur, haarscharf an der Karikatur vorbei konstruiert, kann vermutlich nur Cate Blanchett zu einer Form von Leben erwecken, das mehr ist als die Vor -lage für das Exempel, das Drehbuchautor und Regisseur Todd Field an ihr statuiert.

Es ist die Geschichte eines tiefen Falls aus schwindelerregender Höhe. Angesiedelt im Bereich der westlichen Hoch-, ja Höchstkultur, auf deren Feld zu reüssieren Prestige verleiht wie Weniges sonst. Lydia Tár hat zu Beginn des Films alles, Geld, Ruhm und Prestige, jettet von einer Diskussion mit Adam Gopnik vom «New Yorker» ans Philharmoniker-Pult, dann ins groß -zügig dimensionierte Heim in Berlin zu ihrer Partnerin Sharon und der gemeinsamen Tochter. Nina Hoss spielt diese Sharon nahe an ihren Christian-Petzold-Figuren, zurückgenommen, kühl, dabei in sich ...

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Theater heute März 2023
Rubrik: Magazin, Seite 70
von Ekkehard Knörer

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