Wissen ist Wahnsinn
Der Hundertjährige, der auf die Bühne steigt und erzählt, das ist natürlich nicht Friedrich Dürrenmatt himself, das ist der Schauspieler Andrea Bettini. Aber er passt da ganz gut hin. Hinter sich der geschlossene Vorhang, vor sich das Basler Premierenpublikum, saugt der Dürrenmatt-Darsteller an seiner Zigarre und an einer Studenten-Anekdote, die der Dramatiker einst in einer Filmdokumentation zum Besten gab. Die Frage war, was für ihn Humor sei. Dürrenmatts Antwort: Humor ist, wenn man zweimal am selben Ort vor demselben Beobachter auf demselben Hundehaufen ausglitscht.
Ein guter Spaß ist also durchaus mit dreckigen Inhalten zu machen. Und damit sind wir schon nahe dran an den «Physikern», an einer der kanonischen Komödien des Autors, in denen die schlimmstmögliche Wendung und damit die groteske Pointe von den schmutzigen Tricks der Handelnden abhängt.
Das Basler Schauspiel hat sich im Dürrenmatt-Jubiläumsjahr die Rekonstruktion der Zürcher Uraufführung von 1962 vorgenommen. Das ist ja nichts anderes als vorsätzlicher Anachronismus. Damit muss man erst mal zurechtkommen, als Spieler wie als Publikum. Andrea Bettini entwickelt als Gemütsbolzen Dürrenmatt jedenfalls beträchtlichen ...
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Theater heute November 2021
Rubrik: Chronik, Seite 54
von Stephan Reuter
Die Theaterzeitschrift im 62. Jahrgang
Gegründet von Erhard Friedrich und Henning Rischbieter
Herausgeber Der Theaterverlag – Friedrich Berlin
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