«Love it, change it, leave it»
Ein Sonntagmorgen im thüringischen Altenburg ist nicht unbedingt das, was ein Reisebüro als besonderes Erlebnis anpreisen würde. Der riesige, architektonisch einzigartige Marktplatz mit seinen historischen Gebäuden und der mächtigen roten Brüderkirche am Ende ist menschenleer. Über ihn poltert jetzt ein wie für eine Safari aufgemotzter Jeep mit aufheulendem Motor. Dann ist es gleich wieder grabesstill und friedlich. Aus der Jüdengasse kommt langsamen Schritts Bernhard Stengele und betritt das weite steinerne Feld wie eine Bühne.
Diese Szene ist eine der letzten des Schauspieldirektors in seinem Gastspiel am örtlichen Landestheater. Dann sitzen wir vor einem Selbstbedienungscafé, und Stengele sagt: «Eigentlich wollte ich ja schon vor eineinhalb Jahren weg von hier.»
Dass er damals blieb, hatte gute Gründe mit schlechten Schlagzeilen. Altenburg kam ins feuilletonistische und Boulevardzeitungs-Gerede, weil sich hier Unschönes ereignete: Schauspieler aus fremden Ländern fühlten sich unwohl in einer angeblich ausländerfeindlichen Atmosphäre und quittierten ihren Dienst; Künstler aus Afrika bekamen wegen ihrer Hautfarbe keine Wohnungen; der Bürgermeister warf dem Theater und ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Theater heute August/September 2017
Rubrik: Bilanz, Seite 50
von Bernd Noack
In russischen Lettern ziert Miftis T-Shirt das Wort «Nadryw», Kennern von Frank Castorfs «Karamasow»-Inszenierung wohlbekannt als unübersetzbares Schlüsselwort für einen Zustand im Grellgraubereich zwischen Schmerzextase und Überspanntheit. Man muss Helene Hegemann keinen erneuten Plagiatsvorwurf daraus drehen, dass sie sich diesen Begriff aneignet: Er trifft...
In ihrer Zwickauer Nachbarschaft hieß Beate Zschäpe, die damals den Tarnnamen Susanne Dienelt trug, «die Diddlmaus». Ein treffender Spitzname, terrorisierte doch die gleichnamige Cartoonfigur in ihrer schrill-dumpfen Niedlichkeit in den 90er Jahren von zahllosen Gebrauchsgegenständen aus das Geschmacksempfinden. Extrem diddlmaushaft agiert auch die schon häufiger...
Zum Glück war da dieser eine Kasten Bier zu viel, den Thalia-Betriebsdirektorin Karin Becker ins Foyer in der Gaußstraße geschleppt hatte, um sich zu bedanken: bei den vielen technischen und organisatorischen Helfern, die das 14. Körber Studio Junge Regie gestemmt hatten. Ein Kasten blieb übrig, und Karin Becker schaltete schnell: Da gab es doch jemand, der im...