Endlich frei!
Zuallererst ist da ein Haus. Ein Konstrukt. Ein System. Es beherbergt un -sere Geschichten. Manches erzählt es, vieles versteckt es. Man muss die Verstecke finden, um alle Geschichten zu entdecken. Nicht nur die, die beim ersten Anblick offenbar werden. Sondern auch die, die wir zunächst übersehen haben. Denn tief im Boden schlummern und grummeln sie.
Sivan Ben Yishai stellt sich vor dieses Haus, Heimat des Patriarchats, Herberge des weißen Feminismus, seine Mauern sind stabil. Sie betrachtet es. Sie schaut darunter. Sie öffnet seine Türen.
Kann man es umbauen? Sollte man es umbauen?
Im Titel ihres neuen Stücks, «Nora oder Wie man das Herrenhaus kompostiert», steht sie schon, die Antwort: Nein, man sollte dieses Haus nicht umbauen, man sollte es kompostieren. Also in seine Einzelteile, seine Atome, Teilchen zerlegen, besser noch, es sollte sich selbst zerlegen. Es soll sich zersetzen und zu Humus werden. Doch kann auf diesem Humus etwas Gutes wachsen? Ja, es kann.
Einer der ersten Sätze des Stücks bildet den Schlüssel hierzu: «I found myself / For the first time / In front of the house / Not part of it / For the first time / On the other side of the house / Just looking at it.» ...
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Theater heute Jahrbuch 2023
Rubrik: Neue Stücke, Seite 143
von Nora Khuon
Tove Appelgren
Honey (piccolo teatro Haventheater Bremerhaven)
Steven Berkoff
Die Verwandlung (Theater Regensburg)
Bahram Beyzaie
Yazdgerds Tod (Schauspiel Köln)
Anna Carlier
Krone (Theater, Oper und Orchester Halle)
Fatima Daas
Die jüngste Tochter (Theater an der Parkaue Berlin)
Tove Ditlevsen
Gesichter (Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin)
Selina Fillinger
...
Oh nein – ich bin zu spät dran. Ich wollte diesen Text am Erdüberlastungstag 2023 schreiben. Am «Earth Overshoot Day», wie er so schön heißt. Dem Tag, an dem alle verfügbaren natürlichen Ressourcen für ein ganzes Jahr aufgebraucht sind. Letztes Jahr – so erinnerte ich mich – fiel er in Deutschland auf Ende Juli; dass er sich 2023 auf Anfang Mai vorverschoben hat,...
Die Frage nach Verzicht in der Kunst, im Theater ist äußerst vielschichtig. Das Problem lässt sich hier nicht erschöpfend behandeln. Theater kann viele exzessive Facetten haben und sich dadurch der Gegenwart mit ihrem Fokus auf (neo -liberales) Effizienzdenken, soziale Verantwortung und ökologische Ethik widersetzen. Dass es gegen die Zeit steht, ist schon...