Die Frage des Hirnficks
Bei Signa denkt man eigentlich nicht an Schiller. Also nicht an das Lichte und Bildsame, an die Ermutigung, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, die sich auch im diesjährigen Motto der Mannheimer Schillertage widerspiegelte («Nach der Freiheit / ist vor der Freiheit»). Signa halten es eher mit den Hinterzimmern der Vernunft.
In ihren hypertrophen Nachtschatten-Installationen regiert der Wille zum Abgründigen: «Spuck den Kognak in den Bauchnabel! Reinige den Bauchnabel!», wird der Zuschauer in «Das Heuvolk» von einer halb entblößten Frau eingeladen, die eigenen Moral- und Geschmacksgrenzen im Dienste eines radikalkünstlerischen Rituals zu übertreten. Signa – das ist eher eine Mischung aus Franz Kafka und Charles Bukowski – mit Altersempfehlung (ab 16 Jahren).
Für die Mannheimer Schillertage haben die dänisch-österreichischen Installationstheater-Visionäre in mehrmonatiger Vorbereitungszeit die ehemalige US-amerikanische Benjamin-Franklin-Kaserne (die demnächst ein Wohngebiet wird) umgerüstet: zum Domizil für die Sekte der «Himmelsfahrer». Sektengründer Jake Wolcott ist laut Fiktion Anfang des Jahres 2017 an Leukämie verstorben. Hinterlassen hat er eine Reihe apokalyptischer ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute August/September 2017
Rubrik: Aufführungen, Seite 28
von Christian Rakow
Vor nicht allzu langer Zeit missverstand ein Theatermacher Hamburg fatal als maritim geprägte Stadt. Friedrich Schirmer eröffnete seine Intendanz 2005 am Hamburger Schauspielhaus, indem er der Stadt eine eigenartige Hafenpoesie überstülpte: Er verpasste seinem Theater einen lächerlichen Delfin als Logo, ließ Igor Bauersima Homers «Odyssee» zu einem grauenhaften...
Ein Festivalsommer der Schlussappläuse: Florian Malzachers letzte «Impulse», Neues aus Avignon, wo Frank Castorf noch einmal Abschied feiert, und von der Ruhrtriennale, deren Intendant Johan Simons seine dritte und letzte Saison einläutet. Oben Simon Stones «Ibsen House» in Avignon, rechts Swoosh Lieus «who cares» bei Impulse.
Die Redaktion muss erstmal ausspannen...
»Ralph Peng war schon vorgeburtlich eine erstaunliche Erscheinung: Wie auf dem Ultraschall deutlich sichtbar, hat der kleine Ralph als Embryo seine Zwillingsschwester erwürgt, weil sie sich im Geburtskanal vordrängeln wollte. So beginnt ein Leben aus solidem Wettbewerbsgeist in einem gesunden Ego, das gerne über Fairness nachdenkt. Der kleine Racker entpuppt sich...