Es muss im Leben mehr als alles geben
Robert Walser ist ein großer Wahlverwandter von Anne Lepper. Aus seiner Feder gibt es bekanntlich zahlreiche Prosastücke, die sich mit dem Theater beschäftigen. Aus seinem Text «Lüge auf die Bühne» möchte ich zitieren, um gleich zu Anfang etwas festzustellen:
«Wir leben jetzt in einer merkwürdigen Zeit, wiewohl vielleicht alle Zeiten irgend so etwas Zeitlich-Merkwürdiges jeweilen an sich gehabt haben.
Item, die unsrige scheint mir sehr, sehr merkwürdig, besonders dann, wenn ich so, wie ich es gerade jetzt tue, meinen Finger an die Nase lege, um darüber nachzudenken, was es eigentlich mit diesem Leben, das wir jetzt mit aller Macht in die Bühne hineinstopfen, für eine Bewandtnis hat. Wir füttern jetzt die Bühne mit Leben, daß sie wahrhaftig genug zu fressen hat. Der hinterste und verborgenste Dichter präsentiert dem Theater irgendwelches hinterste und verborgenste Stücklein Leben. Wenn das derart schwungvoll weitergeht, wird das Leben bald wie eine schwindsüchtige Kranke platt daliegen, ausgesogen und bis an die Rippen ausgepumpt, während das Theater so fett, behäbig und vollgestopft sein wird, ungefähr wie ein Ingenieur, der mit seinen patentierten Unternehmungen Glück gehabt hat ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Theater heute August/September 2017
Rubrik: Mülheimer Dramatikerpreis, Seite 40
von Jan Hein
Hauke behängt den bunten Plastiktisch mit schwarzem Tuch. Er stellt rot glimmende Grablichter auf, ein Kruzifix in die Ecke und eine Flasche Korn auf den Tisch. Heute ist ein Trauertag, denn vor zwei Jahren ist Ännie verschwunden. Und dieser will mit Würde begangen werden. Oder? Wir befinden uns in einer verramschten Kneipe in einer namenlosen Stadt, dort, wo die...
Als polnischer Minister für Kultur und nationales Erbe hat man es wirklich nicht leicht. Seit Jahrhunderten bedrohen feindliche Mächte die nationale Einheit des Landes. Gleichzeitig ist der Olymp der legendären Widerstandskämpfer und Nationalhelden personell längst überlaufen, weshalb sich die zeitgenössischen nationalkonservativen Regierungsvertreter mit einer...
Nein, das muss auch Philipp Ruch, der notorisch rußgeschwärzte Chefagitator des Zentrums für politische Schönheit, zugeben, die Jugend von heute, selbst die bayerische, ist besser als ihr Ruf. Die Nachfrage nach professionell organisiertem Widerstand scheint groß. Bereits am ersten Tag des ominösen «Scholl-2017-Schülerwettbewerbs», zu dem das Berliner...