Vor jeder Wagner-Partie eine «Winterreise»

Robert Holl, der derzeitige Bayreuther Gurnemanz, über seine Erfahrungen mit Christoph Schlingensief, das Verhältnis von Text und Musik und Stimmhygiene

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Herr Holl, hinterlassen Lieder Spuren in Ihrer Opernarbeit?
Die Arbeit mit Texten interessiert mich am meisten. Das ist, wenn ich Wagner singe, nicht anders als bei einem Schubert-Lied.

Inwiefern?
Es geht um die Einheit von Text und Musik. Das war bei Wagner ja auch so: Er schrieb zuerst die Dichtungen, und im zweiten Schritt komponierte er sie aus. Nicht zuletzt deswegen sollte die Phrasierung so sein wie beim Sprechen. Wagner legte Wert darauf, dass Singen die intensivste Form des Sprechens ist.

  Was für ein schöner Satz! Wegen der Deutlichkeit muss ich sogar manchmal eine musikalische Linie unterbrechen und Wörter absetzen, damit sie in der zwanzigsten oder dreißigsten Reihe noch verstanden werden. Wagner hat ja selbst mit den Sängern gearbeitet: Er hat sie erst einmal eine Phrase ganz deutlich sprechen lassen und darauf geachtet, dass sie gut einatmen und auf diesem Atem den ganzen Satz ganz deutlich sprechen. Und dann erst hat er sie singen lassen. Das ist genau das, was ich versuche zu machen.

Erfordert Deutlichkeit bei der intimeren Form des Liedgesangs nicht auch andere Schwerpunkte?
Ja, sicher! Beim Schubert-Lied «Das Wandern» etwa darf man nicht – wie es bei vielen Sängern ...

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Opernwelt Juli 2005
Rubrik: interview, Seite 68
von Thomas Rothkegel

Vergriffen
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