Präzisionskunstwerk

Marek Janowski dirigiert Beethovens «Fidelio» mit einer luxuriösen Sängerbesetzung

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Manchmal ist die Geschichte eines Albums fast ebenso spannend wie die Interpretation selbst. Eigentlich war dieser «Fidelio» als Livemitschnitt aus dem Dresdner Kulturpalast geplant. Corona verhinderte die konzertanten Aufführungen, zwei Monate später traf man sich trotzdem dort, sang und spielte eben vor leerem Haus für die Mikrofone. Oper als Studioproduktion, das ist unter heutigen finanziellen Gesichtspunkten ein Anachronismus. Das Problem nur: Chorgesang war damals, im Juni 2020, verboten – also wurde alles ohne Kollektiv aufgenommen.

Für die Pizarro-Arie holte man später den MDR-Rundfunkchor, für die übrigen großen Szenen den Chor der Semperoper. Beide Ensembles steuerten ihre Parts nachträglich bei und wurden hinzugemischt.

Als Hörer merkt man davon so gut wie nichts. Mag sein, dass andere Einspielungen von Beethovens Oper größere chorische Wucht entfalten. Aber weder pure Überwältigung noch heißlaufender Furor oder klangliches Imponiergehabe lag in der Absicht von Dirigent Marek Janowski. Der 82-Jährige ist ein mit allen Kapellmeisterwassern gewaschener Genauigkeitsfanatiker. Und das hat nichts mit Pedanterie zu tun, sondern mit Sorgfalt und Demut. Man höre dazu nur die ...

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Opernwelt November 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 27
von Markus Thiel

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