Bitter vergnüglich

Janáček: Die Ausflüge des Herrn Brouček
Prag | Nationaltheater

Opernwelt - Logo

«Die Ausflüge des Herrn Brouček» gehören zu den selten gezeigten Meisterwerken Janáčeks. Und zwar deswegen, weil die 1917, unmittelbar vor «Katja Kabanowa» entstandene Oper nicht als solches gilt. Begründet wird das Urteil mit dem chaotischen Libretto, an dem mindestens vier Autoren beteiligt waren, unter ihnen auch der Komponist; schon die literarische Vorlage ist ziemlich disparat, handelt es sich doch um gleich zwei Romane Svatopluk Čechs: «Herrn Broučeks Ausflug zum Mond» und «Herrn Broučeks Ausflug ins 15. Jahrhundert».

Doch funktioniert Janáčeks fünfte Oper dramaturgisch ausgezeichnet, wenn sich, wie jetzt in Prag, die Regisseurin Sláva Daubnerová ihrer annimmt und das gesamte Team stimmige, traumhaft schöne Beiträge liefert. Hier steht die Moritat vom Kleinbürger Brouček (auf Deutsch: ‹Käfer›) gleichermaßen für eine köstliche Komödie wie für eine philosophische Tragödie, überwältigend in der Bildhaftigkeit seiner mannigfaltigen Milieus und rein musikalisch über jeden Zweifel erhaben. Mehr als in anderen Bühnenwerken bemüht Janáček hier die Leitmotivtechnik, was den abrupten Szenen- und Stimmungswechseln strukturellen Halt verleiht. Teils schwelgerisches, teils ironisches ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2018
Rubrik: Panorama, Seite 62
von Volker Tarnow

Weitere Beiträge
Tänzeln und Tanzen

Jaromir Weinbergers einstiger Welterfolg «Schwanda, der Dudelsackpfeifer» aus den 1920er-Jahren, in Mitteleuropa jäh gestoppt von den Nazis, taucht nach und nach wieder auf, und die Opernfreunde reiben sich erstaunt die Augen, dass diese tolldreiste Nachblüte der tschechischen «Volksoper» so lange vergessen wurde. Die Rezeptur der «Verkauften Braut» erscheint in...

Schatzgräber

In den Jahren des Wiederaufbaus nach 1945, in denen sich die Theater personell wie räumlich erst allmählich wieder zu konsolidieren begannen, kam den Rundfunkanstalten eine besondere Bedeutung für die Bewahrung des kulturellen Erbes zu. Die Zahl der Opern, die in den 1950er-Jahren in beiden Teilen Deutschlands in den Funkhäusern aufgenommen wurden, ist Legion. Die...

Zwiespältig

Während Tonios Prolog wird hektisch das Bühnenbild aufgebaut. Serena Sinigaglia, die nördlich der Alpen noch wenig bekannte Regisseurin aus Mailand, fügt Leoncavallos «meta-theatralem» Geniestreich eine zusätzliche Brechung hinzu. Wenn Tonio Theater als Theater ankündigt, bevor das Melodram dann doch in das «wahre» Leben, genauer: das «wahre» Morden umkippen wird,...