Der Lügendetektortest
Eine Putzfrau kommt selten allein; nicht umsonst hat das Wort von der Kolonne Reinigungsgeschichte geschrieben. Diese Servicekraft aber ist anders. Trauriger irgendwie. Weltabhandengekommener. Ein Wesen, so verloren wie die Pianissimo-Kantilene in den ersten Violinen zu Beginn, die sich wie ein Aida-Faden durch sie hindurchziehen wird.
Und so zart punktiert der Auftakt dahingetupft wird, so tunkt auch die Putzfrau ihren Wischlappen mit äußerster Melancholie in den Eimer, bevor sie damit den Bühnenboden vom Staube befreit – auch noch, als die Celli, nun im dreifachen Piano, jenes traurige Lied anstimmen, das uns im Verlauf des Abends immer wieder begegnen wird. Doch ist die Gute zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr allein auf der weiten schwarzen Flur. Techniker tragen zu den trockenen Fanfarentönen der Trompeten eilig Tische, Stühle, Lampen hinein. Es ist Probe.
Kein Nil also, keine Pyramiden, und Elefanten nur als heiter-sarkastisches Zitat. Stattdessen der politische Feldversuch, Fragen: Was steckt hinter einem Begriff wie «Krieg»? Was geht er uns an? Und: Ist das Theater, als im Bernhard’schen Sinne absurder Ort, überhaupt tauglich, dergleichen zu verhandeln? Kann seine (des ...
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Opernwelt Juni 2018
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Jürgen Otten
«Opera Ireland ist eingegangen,» schrieb Michael Dervan 2010 in seinem Abgesang in der «Irish Times», als die gebeutelte Kompanie nach 69 Jahren endgültig einbrach – um gleich eine pikante Frage anzufügen: «Und was ist mit der neuen Irish National Opera, die Kunstminister Martin Cullen auf den Plan gerufen hat [...]? Tja. Tun wir das Undenkbare im aktuellen Klima:...
Über manches darf man sich bei dieser «Carmen» im Stadttheater Bern wundern. Über die Herren im Anzug zum Beispiel, die im ersten Rang dreist auf der Treppe ganz am Rand Platz nehmen. Nun, es sind Choristen, die aus dem Zuschauerraum heraus agieren. So wie José, der als artiger Premierenbesucher vorn im Parkett sitzt und sich – nachdem ihm Carmen nicht eine Blume,...
Der eine ist 45, der andere knapp älter; über die Jahre juveniler Bilderstürmer sind sie beide eigentlich längst hinaus. Und beide, Jérémie Rhorer wie Teodor Currentzis, verströmen nicht nur jugendliches Flair inklusive der trotzig in die Stirn wirbelnden Haarsträhnen, sondern mischen als Mozart-Dirigenten zugleich das traditionelle Bild des gelassenen Klassikers...