Bündig, wohlklingend, unterhaltsam
Man reibt sich die Augen, wenn man Antonio Ghislanzonis Libretto «Salvator Rosa» (1874) liest.
Die Revolutionsgeschichte des historisch beglaubigten Malers Salvator Rosa, den es 1647 in den neapolitanischen Fischeraufstand unter Masaniello verschlägt (siehe «Die Stumme von Portici»), beginnt wie «Tosca», ähnelt dann eine Zeit lang Verdis «Don Carlo» (Freundschaftsduett, Zweifel des einsamen Tyrannen, Konfrontation mit dem Freigeist, Klosterszene), staffiert die Handlung mit einer zur Abwechslung mal männlichen Wahnsinnsszene («Boris Godunow»), Klosterlyrik à la «Suor Angelica», finsteren Verschwörern («Simon Boccanegra») und einem fidelen Mörderchor («Macbeth») aus und mündet in eine herzzerreißende Entsagungsszene («La forza del destino»), in deren Konsequenz der Künstler aus Liebesschmerz zum Genie reift («Hoffmanns Erzählungen»). Inhaltlich fällt die Verdi-Nähe der 1874 in Genua uraufgeführten Revolutions- und Künstleroper ins Auge. Die bündige Musik des «brasilianischen Verdi» Antônio Carlo Gomes (1836-1896) ist aber von leichterer, unterhaltenderer Art. Sie sucht nicht rücksichtslos dramatische Wahrheit, sondern Schönheit in Melodie wie Harmonik und die eingängige Kantilene im auffällig transparenten musikalischen Satz. Erst ab dem vorletzten Akt, in dem sich Liebes- und politische Tragödie ausweglos verdichten, kommen Verdi-Floskeln und Ansätze von Multiperspektivität ins Spiel. ...
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Opernwelt August 2012
Rubrik: Medien, CDs, Seite 27
von Boris Kehrmann
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In der Wüste bekommt man schnell ein Gefühl dafür, was wichtig und was unwichtig ist. Meinungsvielfalt und Streitlust schmelzen unter der erbarmungslosen Sonne hinweg, die Wüste zwingt zu klaren Entscheidungen. Nicht ohne Grund ist hier der Monotheismus entstanden, der nur einen Gott zulässt. Die Wüste fördert Konzentration und Klarheit des Geistes. So gesehen ein...
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