Leidvoll und freudvoll
Dass Schubert nur traurige Lieder geschrieben habe, ist eine fast kanonische Einschätzung, die sich auf seine eigene Aussage beruft. Heutige Interpreten gehen mit dieser Vorgabe unterschiedlich um. Eine entschiedene Position bezieht Matthias Goerne, unterstützt von Christoph Eschenbach, in der 6. Folge seines Schubert-Zyklus beim Label Harmonia Mundi, die dem «Schwanengesang» gewidmet ist. Schon das «rauschende Bächlein» in der einleitenden «Liebesbotschaft» eilt keineswegs «munter und schnell» zur Geliebten, sondern plätschert schwermütig dahin.
Der «unglückselge Atlas», so stellt sich bald heraus, ist das Alter Ego des Sängers, der stellvertretend «die ganze Welt der Schmerzen» tragen muss. Schmerzensgebärden gibt es bei ihm zuhauf auch in den heiteren Gesängen; das so oft verkitschte Ständchen wird hier, im Gegenteil, zum Grabesgesang, da wird der Tod der Liebe, vielleicht gar der Geliebten, gleich mitgesungen. Und selbst des versöhnlichen Schlusses mit der «Taubenpost» kann man hier nicht recht froh werden. Bei all dem Jammer ist es fast konsequent, dass das eher depressive Lied «Der Herbst» (D. 945) in den Zyklus eingefügt ist.
Für seinen interpretatorischen Ansatz mag Goerne ...
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Opernwelt August 2012
Rubrik: Medien, CDs, Seite 25
von Ekkehard Pluta
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Steckt hinter Ihrer Idee, im Musiktheater viele Elemente und Kunstdisziplinen zu verschmelzen, die Vorstellung einer möglichst umfassenden Abbildung von Welt?
Nein, die Welt bringt ja jeder Zuschauer selbst mit, der mit seiner Erfahrung und seinem «Weltwissen» dem Bühnengeschehen zusieht. Mich interessiert nicht der Anspruch einer umfassenden Abbildung, spannend...
Jean Cox erschien auf der Bühne immer jünger, als er war. Als er 1984 in einer «Meistersinger»-Aufführung der Bayreuther Festspiele als Stolzing einsprang, wirkte er frischer und agiler als der um zwei Jahrzehnte jüngere, eigentlich vorgesehene Kollege. Niemand wäre damals auf die Idee gekommen, dass dieser Tenor bald das Rentenalter erreichen würde. Die Stimme...