Wie im Rausch
Auf dem Boulevard nachts um halb eins. Eine illuster-sinistre Männerrunde hat sich versammelt, Studenten sind’s, dem Anschein nach aus gehobenem Hause, die seidenschwarzen Paletots und eleganten Zylinder verraten aristokratische Herkunft. Ganz gegenteilig aber die Gesinnung der feinen Herren. Sie sind gekommen, um bei «Lutter & Wegner» ihre Kehlen zu kühlen und prickelnde Unterhaltung zu genießen.
Entsprechend aufgeräumt begrüßen die Connaisseure der klingenden Künste den unglücklichen Hoffmann, der mit seiner als Freund Nicklausse verkleideten Muse erschienen ist, und fordern ihn auf, ein Ständchen zu geben. Gewünscht, getan: Der Dichter singt die Ballade von «Klein Zack». Tosender Applaus. Aber sogleich erwächst der Wunsch nach mehr «Stoff». Die Affen wollen Zucker. Und sie kriegen ihn.
Doch nicht nur sie. Auch das Publikum der Deutschen Oper Berlin wird in den folgenden vier Stunden reichlich verwöhnt – in erster Linie von einem Bühnenbild, das gleichermaßen fantastisch wie hochkompliziert zu bedienen ist. Chantal Thomas heißt die Künstlerin, die es für Jacques Offenbachs «Les contes d’Hoffmann» ersann. Und sagen wir es rundheraus: Dieses (Wandel-)Bild ist ein Meisterwerk der ...
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Opernwelt Januar 2019
Rubrik: Panorama, Seite 35
von Jürgen Otten
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Alexe...
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