Stärkerer Kontrast
Hätte es 1870/71 zwischen Frankreich und Preußen keinen Krieg gegeben, dann gäbe es in Giuseppe Verdis «Aida» wohl weder die «Nil-Arie» noch das Orchestervorspiel zum dritten Akt, das die Atmosphäre einer überhitzten Nacht am Fluss so genial einfängt. Denn weil zum eigentlich für Kairo geplanten Uraufführungstermin Bühnenbilder und Kostüme im belagerten Paris feststeckten, hatte Verdi Zeit, den gesamten Aktbeginn noch einmal zu ändern und dabei auch die Erstfassung des Priesterchors «O tu che sei d’Osiride» zu verwerfen.
Als Tatsache ist das bereits seit 1913 bekannt – nur dass niemand die ursprüngliche Musik kannte, die Verdi selbst «nicht charakteristisch genug» fand.
Dass sie nun an der Mailänder Scala erstmals zu hören war, ist vor allem Anselm Gerhard zu danken. Der Verdi-Forscher entdeckte die sauber herausgetrennte Erstfassung unter den 5000 Seiten Skizzen des Komponisten, die nach langem Streit mit dessen Nachkommen seit Herbst 2019 im Staatsarchiv in Parma zugänglich sind. Weil Musikdirektor Riccardo Chailly die Nil-Arie schon immer für ein retardierendes Moment hielt, gab es also an der Scala noch eine veritable, wenn auch nur konzertante Verdi-Uraufführung, bevor das ...
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Opernwelt Dezember 2020
Rubrik: Magazin, Seite 57
von Michael Stallknecht
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61. Jahrgang, Nr 12
Opernwelt wird herausgegeben von Der Theaterverlag – Friedrich Berlin
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