Sári: Der Hutmacher
Es war 1968, da las Thomas Bernhard seine Erzählung «Der Hutmacher» im Deutschlandfunk. Als der ungarische Komponist József Sári den 2003 im Münchner Hörverlag erschienenen Mitschnitt hörte, war er von dessen Musikalität so fasziniert, dass er den Stoff dem Regensburger Intendanten Ernö Weil vorschlug, der ein Sujet für eine Auftragskomposition suchte. Franz Csiky erarbeitete das Libretto unter weitgehender Beibehaltung des originalen Textes.
Die in Bernhards Erzählung vorkommenden Personen (Hutmacher, sein Sohn, seine Schwiegertochter und der Rechtsanwalt) sind die Akteure des Geschehens. Drei Damen, Csikys Zutat, sollen das Geschehen auflockernd kommentieren.
Bei Bernhard steht in «kontrapunktischer Monotonie», wie er es nennt, die Stringenz der Handlung im Vordergrund, die Entwicklung einer Spirale von Gewalt bis zum Tod, das Auffächern des tragischen Schicksals eines vereinsamten Menschen als Spiegelbild seines eigenen Lebens. Dem spüren Libretto und Musik zu wenig nach. Etliche, teils virtuose instrumentale Zwischenspiele korrespondieren nicht mit nachfolgenden oder vorausgehenden kurzen Texten.
Ernö Weil inszeniert in der Ausstattung von Frank Lichtenberg beklemmend dicht ...
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