Mediterrane Impulse
Wenn jetzt ein Erdbeben käme, man wäre an einem sicheren Ort im dichtbesiedeltsten Ballungsraum Griechenlands. Das Kulturzentrum der Stavros-Niarchos-Stiftung ist mit Isolatoren vom periodisch zitternden Untergrund getrennt. Auch an sanftere Formen der Nachhaltigkeit hat der italienische Stararchitekt Renzo Piano gedacht: Im mehr als zwanzig Hektar großen Park werden die Olivenbäume und mediterranen Kräuter mit Regenwasser bewässert, für den Strom sorgt über das Solardach die griechische Sonne.
Aber drinnen in der Griechischen Nationaloper regnet es erstmal, zu Beginn von Bartóks Einakter «Herzog Blaubarts Burg». Das Bühnenbild von Leslie Travers sieht aus wie eine gigantische schwarze Welle, die schon einiges mit sich gerissen hat, Betten, Türen, Schminktische. Blaubart und seiner neuen Frau Judith bleibt darin nur ein kleines bürgerliches Zimmer, bevor auch sie die Psychodynamik hinaustreibt auf die Welle. Das Verschwinden des Zimmers hinterlässt ein schwarzes Loch – die Gruft für Blaubarts frühere Frauen von jedem Alter und Aussehen. Ein Greis und ein marschierendes Kind könnten sein Vater und sein Sohn sein, aber auch Alter Egos. Der griechische Regisseur Themelis Glynatsis ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Mai 2023
Rubrik: Reportage, Seite 40
von Michael Stallknecht
Das «erste richtige Liebesduett der Operngeschichte» nennt Ulrich Schreiber den betörenden Schlussgesang in Monteverdis «L’incoronazione di Poppea». Und ja, in diesem Duett ereignet sich Ungeheures; auf dem Fundament eines ostinaten, abschreitenden Lamentos besingt das Liebespaar in hehrer melodischer Schönheit sein Glück. Liebespaar? Genau daran hegt Evgeny Titov...
Ein Herz pocht. Sanft, kaum hörbar, in wiegenden Triolen. Es könnte das Herz der Natur sein, aber auch das jener Nymphe, die hier, abseits der Menschenwelt, ein Dasein fristet, welches ihr Glücksmomente nur noch selten beschert; der elegisch-wehmütige Streichergesang in der Ouvertüre von Dvořáks «Rusalka» erzählt geradezu rührend davon. Doch würde die schöne...
Wie gefährlich es sein kann, sich in Form einer Biografie einem lebenden Komponisten anzunähern, der selbst mit unzähligen Schriften sein Œuvre sowie die ihm zugrundeliegenden ästhetischen Imperative wort- und gedankenreich zu «erklären» wusste, hat zuletzt der Fall Wolfgang Rihm gezeigt. Beide Versuche, ihm und seinem Schaffen gerecht zu werden, scheiterten, so...