Leise flehen meine Lieder
Hoffnung klingt anders. Traurig und trist tropfen die Achtel von der imaginären Decke herunter, fallen auf schwere, quer im Raum verteilte Halbnotensäulen. Und dann diese Tonart! D-Moll, das riecht nach Unheil, Schmerz, nach Tod. Dennoch versucht es der Dichter, mit einer triolischen, sich behutsam aufrichtenden Phrase und mit jenen Worten, die dem Komponisten Franz Schubert seit dem Tag, da er sie vertonte, wohl nicht mehr aus dem Sinn kamen, weil sich in ihnen seine ganze Sehnsucht ausdrückte.
«Leise flehen meine Lieder durch die Nacht zu dir; / in den stillen Hain hernieder, Liebchen komm zu mir!»
Das «Ständchen» auf Verse von Ludwig Rellstab gehört zu Schuberts berühmtesten Liedern, es ist häufig gesungen worden. Aber selten so innig, so berührend wie hier: Andrè Schuen und sein fantastischer Klavierpartner Daniel Heide deuten es ohne jede Larmoyanz, dabei ganz aus dem Geist der Romantik, dem Reich der übertriebenen und überzeichneten Gefühle. Nur sind diese Gefühle in einen sanften Stimm- und Klavierklang eingebettet. Sie stoßen nicht ruckartig hervor, sondern fließen fast episch dahin. Erst bei dem Wörtchen «ach!» dehnt Schuen, kaum spürbar, die Melodie, so als wolle er ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Februar 2023
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 19
von Jürgen Otten
Eine Barockoper mit drei Bässen und zwei Tenören in den Hauptrollen auf einen historisch nicht allzu lange zurückliegenden Stoff, welcher der antiken Mythologie und Geschichte die kalte Schulter zeigt – so etwas kann nicht aus Italien, sondern nur aus dem europäischen Norden kommen. Politische Rücksichten scheinen jedoch die Premiere von Johann Matthesons für die...
Fangen wir diesmal mit dem Ende an. Puccinis letzte Oper bietet drei finale Lösungen. Die erste ist in der Aufführungsgeschichte des Werkes die meistgewählte, aber beileibe nicht die beste: Franco Alfanos apotheotische, affirmativ-apodiktische Ergänzung suggeriert einen Triumph der Liebe, den der Stoff beim besten Willen nicht hergibt; gleichsam ein lieto fine, das...
Wann haben Sie zuletzt in der Oper geweint?
«Wotans Abschied» («Die Walküre»), Staatsoper Berlin im Schillertheater, 2011.
Wo würden Sie ein Opernhaus bauen?
Zunächst sollten wir die sagenhaften Theater (vor allem auch die Italiens) erhalten. Der Ort und die Eigenschaften rund um ein Opernhaus in meiner träumerischen Vorstellung wären: für jeden erschwinglich und...