Hochzeit im Wahn
Längst nicht alle Quereinsteiger bringen der Oper die erhoffte Blutzufuhr. Von Philipp Stölzl ist sie indes mehr und mehr zu erwarten. Seine dritte Inszenierung – nach dem Meininger «Freischütz» und dem arg frühzeitigen Salzburger «Benvenuto Cellini» – nährt die Neugier aufs Kommende. Bildertheater – einstweilen sein Markenzeichen – ist auch dieser Gounod’sche «Faust» in Basel. Und Rahmenerzählung.
Dieweil Faust, als grausträhniger Clochard an seinem Krankenstuhl verkabelt, mühsam seine Runden dreht, wird Marguerite, an einer Bahre festgeschnallt, einhergekarrt: so wie am bitteren Ende wieder, bevor ihr die finale Giftspritze verabreicht wird und Faust sich über ihrer Leiche krümmt. Bis dahin ist die Inszenierung dichter und dichter geworden. Auch wenn in der Winterlandschaft des zweiten Teils immer wieder der Eindruck entsteht, die Faust-Zwillinge – Mephisto ist auch hier eine Abspaltung, das dunkle Innere des Titelhelden – eilten, erst in Glitzeranzügen, dann in schweren Pelzmänteln (Kostüme: Ursula Kudrna), durch eine kaum verbundene Nummernrevue, durch ein Hit Hopping auf wackligen dramaturgischen Füßen.
Ein wesentlicher Pfeiler dieser Gounod-Deutung ist der Rekurs auf die ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Am Ende, als die Bravo- und Buhsalven aus dem Zuschauerraum prasselten, gab Essens GMD und Opernchef Stefan Soltesz dem Regisseur nicht nur die Hand, er umarmte ihn auch nicht jovial, sondern er machte gehorsamst einen Diener. Ja, es ist ein Coup, dass Hans Neuenfels in Essen inszeniert, wo er doch schon vor Jahrzehnten Theatergeschichte geschrieben hat in...
Bühnenbildner Michael Levine hatte für Robert Carsens «Elektra»-Inszenierung den Boden mit Erde bedeckt – ein Bild, das ebenso an Begräbnisse wie an Verdrängtes denken ließ, das es auszugraben gilt. Abgesehen von einem Beil, mit dem Susan Bullock als kompromisslos wütende Elektra in dem schmutzigen Grund herumkritzelte, war ein schneeweißes Bett, auf dem Agnes...
Schubert, Oper und Indien – eine Trias, die mehr Gegensätze als Gemeinsamkeiten aufweist. Im Herbst 1820 wagte sich Schubert an die Vertonung des Sakontala-Stoffes, dessen Dramenvorlage auf Versen des indischen Dichters Kalidasa (um 500) basiert. Daraus fügte der österreichische Dichter Johann Philipp Neumann ein Libretto – jener Neumann, der auch die Textvorlage...