Himmelhöchstes Weltentrücken
Am Ende, als die Buhrufe über Calixto Bieito niedergingen wie ein Platzregen, formte der spanische Regisseur mit den Händen ein Herz in Richtung seiner Kritiker, so als wolle er sagen: Das ist doch die Oper der alle Grenzen überschreitenden Liebe: Wagners «Tristan und Isolde». Direktor Bogdan Roščić hat dem Staatsopernpublikum, das bei Neuinszenierungen generell zum Zürnen neigt, groß angelegte Regie-Exerzitien verordnet: Nun kam es, nach dem Import von Bieitos älterer «Carmen»-Deutung, zum eigentlichen Hausdebüt des Regisseurs.
Dabei ist ihm einiges gelungen – vieles aber geht in Rätseln unter, die intellektuell teils schwer zu knacken sind und zugleich kaum emotional-poetische Kraft entfalten. Doch auch musikalisch geriet der Abend reichlich durchwachsen.
Der Opernchronist kann an den Wiener «Tristan»-Produktionen eine Pendelbewegung ablesen: Nach der seinerzeit durchaus angegriffenen, für heutige Begriffe jedoch geradezu klassischen Arbeit August Everdings (1967), der ungeliebt modernen Deutung Günter Krämers (2003) und dem wieder mit mehr Naturalismus operierenden David McVicar (2013) nun also Calixto Bieito. Auch wenn er mittlerweile in die Jahre gekommen ist und die ...
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Opernwelt 6 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von Walter Weidringer
Franz Schreker war sein eigener Librettist. So konnte er sein musikdramatisches Lebensthema noch kompakter an den Mann bringen: das Verhältnis von Traumwelt und Realwelt, das Mit- und Gegeneinander von Kunst und politischem, privat-lebensweltlichem Alltag. Seine Oper «Der Schatzgräber» entstand in den Jahren des Ersten Weltkriegs. Nach der Frankfurter Uraufführung...
Der Eiserne bleibt unten, präsentiert stoisch, unantastbar seine antikisierenden Schmuckmotive. Was braucht es auch Bilder, wenn Roland Kluttig die Ouvertüre zum «Fliegenden Holländer» dirigiert? Ein ganzer Ozean tobt ohnehin in der Fantasie, in immer neuen Wellen lässt Kluttig ihn anrollen, voll Wut und Wucht. Denen sich, unendlich langsam ausgekostet, zunächst,...
Sie waren wohl das, was man ein Traumpaar nennt: der Regisseur Luc Bondy und der Komponist Philippe Boesmans. Vier Arbeiten realisierten die beiden fantasiebegabten Naturen, drei davon am Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel, wo Boesmans seit Mitte der 1980er-Jahre als Hauskomponist wirkte; er schrieb die Musik, Bondy verfasste das Libretto, führte Regie. Und...
