Eins-zu-Eins- Niederlage
Ernst Kreneks extrem zwischen den Genres schwankende Oper «Jonny spielt auf» brachte ein Jahr nach ihrer Leipziger Uraufführung am Gärtnerplatztheater München 1928 den Skandal: Schlägereien, Polizei, Morddrohungen. Ausgelöst wurde der Krawall jedoch nicht durch das damals noch übliche und offenbar erwünschte Blackfacing der titelgebenden Hauptfigur.
Dass ein Schwarzer über alle triumphiert, dass ein gerade mal 27-jähriger Komponist die neuesten Klänge «von der Straße» in eine Opernpartitur implementiert – und letztlich auch noch die «Neue Welt», in die sich der schlaue Jonny triumphierend davonmacht, als utopisches Land des Glücks und der Freiheit darstellt: All das versetzte die sich damals aus ihrem Schlamm herauswindenden Nationalsozialisten in Rage. Und so wurde das Stück 1933 als «entartet» gebrandmarkt, verboten – und die rassistische Darstellung Jonnys (mit Saxophon) auf dem Klavierauszug der Krenek’schen «Zeitoper» fünf Jahre später als ikonisches Werbebild der Ausstellung «Entartete Musik» verwendet. Der Komponist ging – wie Jonny – bald nach Amerika.
In Peter Lunds präzise gemeißelter Inszenierung am Gärtnerplatztheater wird Jonny (spielfreudig, agil und anregend: ...
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Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Panorama, Seite 59
von Arno Lücker
Die Tonart verheißt nichts Gutes. Es-Moll, das riecht nach Tod, in manchen Fällen auch nach einer gewissen Art von Tod. Und die gute Liù weiß, dass ihr ein solch harsches Ende droht, weiß es seit dem ersten Akt, als ihr dieses tieftraurige es-Moll schon einmal begegnete, in jenem andante triste, als das Volk von Peking, leider vergeblich, um Gnade für den jungen...
Ach ja, das Leben. Schön ist es und schwer, doch nie ganz ohne Hoffnung, schließlich ist das Träumen bei allen Schicksalsschlägen, die man im Verlauf der (wie eine Windsbraut vorüberrauschenden) Jahre oder Jahrzehnte erleidet, immer erlaubt. Auf der Suche nach Beispielen für diese wehmütig-utopische Seins-Anschauung wird man in den beiden naturalistischen Romanen...
Der rote Lappen ist unten, aber nicht ganz, deshalb können wir sehen, wie sich da, trippelnd und dehnend, eine Schauspieltruppe warmläuft. Die Musik, ein ohrenöffnendes Klarinettensolo, suggeriert Behaglichkeit: «Es war einmal». Das Auge aber hat sich einzustellen auf Theater im Theater in Neonrahmen (gebaut von Vincent Lemaire), alles in Anführungsstrichen...