Der Gral als Organspende
Parsifal» in einem offenen Orchestergraben: Das kann im Grunde genauso wenig funktionieren wie die «Meistersinger» unter dem Bayreuther Deckel. Mischklang und Verschleierungstaktik von Wagners letzter Partitur sind so detailliert auf die Spezifika im Festspielhaus abgestimmt, dass sie in anderen Opernhäusern automatisch verzerrt erscheinen – zur Kenntlichkeit entstellt nämlich, was in diesem Fall keineswegs positiv zu verstehen ist. Dieselbe Bayreuther Akustik, die den «Meistersingern» Mittelstimmen, Klangfülle und Glanz raubt, gehört beim «Parsifal» zur Substanz.
Daniel Barenboim hat sie in seinen fast zwanzig Sommern auf dem Grünen Hügel weidlich kennen gelernt (wobei er den «Parsifal» nur ein Jahr dirigierte). Trotzdem ist das Kunststück, das er jetzt an der Berliner Staatsoper fertig bringt, buchstäblich unerhört: «Parsifal» tönt fast so wie dort, wo Wagner ihn ausschließlich haben wollte. Der von Adorno gerühmte, abgeblendete, «in sich vielschichtige, gebrochene» Klang entfaltet seine Aura im offenen Graben, ohne dass die Klangquellen, etwa beim «Liebesmahlthema», hörbar sind. Wo sonst das Englischhorn unvermeidlich heraussticht, oder wo (wie in der ersten Verwandlungsmusik) ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Wie viele Menschen passen in einen winzigen Wohnwagen? Zwei, vier, fünf? Falsch. Ungefähr fünfzig. Vorausgesetzt, es gibt einen mit Autoreifen verdeckten Einstieg durch die Unterbühne in den Boden der Camping-Behausung. Kleingeblümte, kopftuchtragende Frauen und schnauzbärtige Männer quellen samt ihrer Klappmöbel und Kochutensilien aus dem weißen Plastik-Ei, bis...
«Wir sind sehr froh», lautet der ironische Slogan, mit dem Nigel Lowery Akteure wie Zuschauer ins böse Spiel stolpern ließ, das er bei seiner Stuttgarter Neuinszenierung aus Albert Lortzings komischer Oper herauskitzelte. Das Premierenpublikum war am Ende, dem unwidersprochen heftigen Beifall nach zu schließen, glücklich – die Akteure auf der Bühne, alle...
Seit dem 1. April erheben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wieder einmal höhere Gebühren. Von 16,15 Euro auf 17,03 Euro ist die Monatsabgabe gestiegen, die jeder Bundesbürger entrichten muss, der zu Hause gelegentlich den Fernseher oder das Radio einschaltet. ARD und ZDF, die beiden größten Nutznießer dieser Gelder, können mit Mehreinnahmen in Höhe...