Meister des Handwerks

Harry Kupfer erlebt mit «Parsifal» in Helsinki ein erstaunliches Comeback

Opernwelt - Logo

Er kann es noch. Und wie! Während die Berliner Staatsoper gerade seinen Wagner-Zyklus demontiert (und die Komische Oper seinen Mozart-Zyklus entsorgt), hat Harry Kupfer an der Finnischen National­oper «Parsifal» inszeniert. Das Bühnenbild stammt, wie könnte es anders sein, von Hans Schavernoch. Und erinnert mit seiner hydraulisch erigierenden Speerspitze, auf der Amfortas den Gral enthüllt, an die Produktion, die das Dream-Team der achtziger und frühen neunziger Jahre 1991 Unter den Linden he­rausbrachte.

Auch sonst ist vieles ähnlich: Klingsor muss den Speer mit zuckenden Händen zwischen seinen Beinen halten, damit wir verstehen, dass die Waffe ersetzt, was ihm dort fehlt. Und die Blumenmädchen, die in Berlin noch recht zaghaft und keusch von Fernsehbildschirmen lächelten, werfen jetzt verruchte Blicke aus einer Breitwand-Video-Installation, in der suggestiv Mittelfinger ge­leckt und Brüste entblößt werden. Das Soft­sexfilmchen bleibt der einzige Ausrutscher an diesem Abend, der sonst ­erstaunlich intensiv ist und in seinen stärksten Momenten, und davon gibt es eine ganze Menge, Kupfers bes­ten, lange zurückliegenden Arbeiten kaum nachsteht.
Mit einem nicht unerheblichen ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2005
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Jochen Breiholz

Vergriffen
Weitere Beiträge
Konfektionsware

Am Prager Nationaltheater gibt es in letzter Zeit mehr Opern-Uraufführungen als fast überall sonst in Europa. Doch ist diese Häufigkeit allein schon Beleg für ambitionierte Musiktheaterarbeit? Immerhin: Es waren auch Erfolge dabei. Im vergangenen Jahr zum Beispiel die Eishockey-Oper «Nagano» des Prager Komponisten Martin Smolka, die in ihrer fulminanten Mischung...

Puccini: Manon Lescaut

Als «ewiges» Thema ist die Geschichte von einem zwischen Liebes- und Luxussehnsucht hin- und hergerissenen Mäd­chen aus reichem Hause und einem armen Studenten nicht à tout prix an ihre Entstehungszeit, das 18. Jahrhundert, gebunden. Ausstatter Dieter Richter verzichtet in Essen auf historisierende Bebilderung. Er und Regisseur Roman Hovenbitzer finden ohne...

Immer nur das Eine

Wie viele Menschen passen in einen winzigen Wohnwagen? Zwei, vier, fünf? Falsch. Ungefähr fünfzig. ­Vorausgesetzt, es gibt einen mit Autoreifen verdeckten Einstieg durch die Unterbühne in den Boden der Camping-Behausung. Kleingeblümte, kopftuchtragende Frauen und schnauzbärtige Männer quellen samt ihrer Klappmöbel und Kochutensilien aus dem weißen Plas­tik-Ei, bis...