Fromme Tableaus

Denis Krief kann am Teatro La Fenice in Venedig mit Wagners Weihfestspiel wenig anfangen

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Venedigs neuer «Parsifal» stand zweifach im Zeichen der Trauer. Das Pub­likum gedachte Marcello Viottis, des kürzlich verstorbenen Musikchefs des Hauses, der die Produktion musikalisch leiten sollte. Zuvor hatten Gewerkschaftssprecher einen Appell verlesen, der die dramatischen Subventionskürzungen im Kulturbereich zum Thema hatte: Die Opernsituation Ita­liens sei in ernster Gefahr. Dann ging das Licht aus im wiederauferstandenen Teatro La Fenice, und das tönende Spiel um Erlösung durch Mitleid nahm seinen Lauf.


Regisseur Denis Krief hangelt sich an der Oberfläche der sparsamen Handlung entlang. Seine Aktionsfantasie ist so beschränkt wie sein Bewegungsvokabular. Im dritten Akt lässt er, etwa bei der Fußwaschung Kundrys, fromme Tab­­­leaus wie aus der Uraufführung nachstellen. Meist zeigt er auf schrägem Bretterboden Figuren in grau-sandfarbener, orientalischer Alltagskleidung. Nur die Blumenmädchen dürfen auf der «Baustelle Parsifal» leuchtende Brokatstoffe und Seide tragen. Der Gralskelch schrumpft zum leeren Wasserglas. Aber wo kein Raum ist und die Zeit lang wird, verlieren Gurnemanz’ Worte «Zum Raum wird hier die Zeit» ihren Sinn. Da nützt auch der diffuse Beitrag im ...

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Opernwelt Mai 2005
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Dieter David Scholz

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