Verflixt vervögelt!
Zwischen zwei moralisch anfechtbaren Positionen zu wählen, ist nicht einfach, zwischen zwei untadeligen manchmal noch schwieriger. Kunstfreiheit und der Kampf gegen Antisemitismus sind zwei zentrale Prinzipien ganz oben auf der Werteskala der freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung. Umso fataler, wenn sich beide in letzter Zeit immer wieder miteinander verhaken, wie jüngst in der von Anfang an hoch emotional geführten Debatte um eine Inszenierung des Theaterstücks «Vögel» von Wajdi Mouawad am freien Münchner Metropoltheater.
Das Stück aus dem Jahr 2017 lief dort in der Regie von Theaterleiter Jochen Schölch bereits mehrere Wochen – und davor schon in über 20 Inszenierungen im deutschsprachigen Raum sowie weltweit unter anderem auch mit positiver Resonanz am Cameri-Theater in Tel Aviv – als Anfang November 2022 Vertreter:innen des Verbands jüdischer Studenten in Bayern (VJSB) und der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD) erst in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk und wenige Tage später in einem offenen Brief (https://vjsb.de/voegel) anhand einzelner Textstellen darin «Shoa-Relativierung und Vergleiche zwischen dem jüdischen Staat und Nazi-Deutschland» ...
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Theater heute 1 2023
Rubrik: Magazin, Seite 67
von Silvia Stammen
Im Mai 1972 machte die Rote Armee Fraktion unmissverständlich klar, dass sie nicht nur Banken, sondern auch Sprengstoff kann. Sie bombte sich mit sechs Anschlägen ins Bewusstsein der westlichen Wertegemeinschaft, einer der Anschläge galt dem Hauptquartier der United States Army Europe and Seventh Army (USAREUR). Auf einem Parkplatz des Headquarter, in dem die...
INGOLSTADT, STADTTHEATER
bis 3.2.23, Schatten und Licht
Zusammen mit dem Stadtarchiv und dem dem Projekt «Opfer des Nationalsozialismus in Ingolstadt» wird das Schicksal zehn jüdischer Ensemble-Mitglieder des Theaters in Ingolstadt von den 1920er Jahren bis 1945 nachgezeichnet.
MARBACH, LITERATURMUSEUM DER MODERNE
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Die russische Seele zeigt sich in Dostojewskijs «Dämonen» von ihrer finstersten Seite. Der spöttische Plauderton, den der Roman anschlägt, ist trügerisch; die Figuren haben kaltblütige Morde und andere abscheuliche Taten auf dem Gewis -sen. Nikolaj Stawrogin, der Held des Romans, hat ein paar Jahre in Petersburg und sogar in der Schweiz verbracht, bei seiner...