Säle mit Seele

Die Berliner Sophiensaele entdecken am geschichtsträchtigen Ort nach 10 Jahren immer noch Talente

Frau Lorenz macht wieder Theater – Frau Lorenz, Seitenflügel vierter Stock im Gebäudekomplex Sophienstraße 18, Berlin Mitte – in der Stadt allerdings besser als «Sophiensæle» bekannt. Denn Frau Lorenz, Altmieterin noch aus DDR-Zeiten, erlebt die Kunst, die hier nun seit gut zehn Jahren Berlins Ruf als europäisches Zentrum des freien Theaters festigt, im Wesentlichen als Belästigung. Immer wieder hagelt es Beschwerden und Drohungen, erreichen Briefe von romanhaften Ausmaßen das Büro von Amelie Deuflhard, die seit 1999 Künstlerische Leiterin des Hauses ist.

«Wenn das so weitergeht, muss ich die Miete mindern. Ich kann ja meinen Mietzweck nicht erfüllen, wenn ich keinen Krach machen darf!» Den Mietzweck Theater nämlich.

Diesmal ist es eine Veranstaltung zum hundertsten Geburtstag der Sophiensæle, die Frau Lorenz’ Zorn auf sich gezogen hat, «Halbe Ewigkeit», ein theatralischer Parcours durch Gebäude und Hof, der sich assoziativ und gelegentlich auch geräuschintensiv mit der Geschichte des Ortes auseinandersetzt – und zwar nicht nur in den drei Sälen, in denen normalerweise Theater gespielt wird: dem großen Festsaal im ersten Stock, dem etwas kleineren Hochzeitssaal zwei Stockwerke höher ...

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Theater heute Januar 2006
Rubrik: Freie Szene, Seite 36
von Esther Slevogt

Vergriffen
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