Reis für die Welt!
Wer zur Begrüßung auf Blütenkränze und Hula-Mädchen gehofft hatte, wurde enttäuscht. Stattdessen hat sich ein finsteres Empfangskomitee vor der Bühne des Stuttgarter Theaterhauses aufgebaut. Gut ein Dutzend streng dreinschauende Polynesier in Smoking und Abendkleid fixieren zehn Minuten lang das Publikum, so als wolle man gleich einmal klarstellen, dass Südsee-Klischees hier keine Chance haben.
«Paradise», so heißt die Produktion der südpazifischen Tanz-Theater-Truppe MAU mit Sitz in Neuseeland, die das Programm des diesjährigen «Theater der Welt»-Festivals sozusagen vom entlegensten Punkt aus eröffnet – und natürlich ist das Paradies, das hier beschworen wird, ein längst verlorenes, geschändet durch Krieg, Kolonisation und die Atomversuche der Westmächte bis weit in die neunziger Jahre hinein. Doch Lemi Ponifasio, der aus West-Samoa stammende Begründer und Leiter der Gruppe, zielt nicht in erster Linie auf eine politische Abrechnung mit den Besatzern. MAU bedeutet auf Samoanisch «Visionen» und ist zugleich der Name der Befreiungsbewegung, die Western Samoa 1962 nach kurzer deutscher und längerer neuseeländischer Herrschaft als erstem Inselstaat der Südsee zur Unabhängigkeit ...
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Theater heute August/September 2005
Rubrik: Festivals Theater der Welt, Seite 4
von Silvia Stammen
Nicht versöhnt» hieß die Straub-Verfilmung von Heinrich Bölls «Billard um halb zehn» über das Sich-Arrangieren der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft, die nie aufgehört hat, vom Sakrament des Büffels zu essen. Auf dem Brot der frühen Jahre und seinen hart gewordenen Krusten kaut Armin Petras herum, wenn er am Schauspiel Köln Ibsens Enthüllungsdrama «Die Wildente»...
Die Ein-Mann-Revolution tritt hinter einem Werbeplakat für die Zigarettenmarke «Cabinet» hervor. Auf dem Plakat sieht man eine Küchenszene, in der sich die Hauptfigur die Zigarette an der Flamme des Gasherds anzündet. Die Ein-Mann-Revolution ist männlich und spricht grundsätzlich im lockeren Plauderton.
Beherzt Hallo, na wie geht’s, Ihnen allen ein herzliches...
Wer sich dem neuen ungarischen Nationaltheater am Pester Donau-Ufer nähert, tritt durch einen frei aus der grünen Parkplatzwiese ragenden Portikus, um den sich ein faltenwurfreicher Betonvorhang plustert. Auf einem gepflegten Pfad geht es vorbei an Figuren, die auf Bänken angeregt plauderten, bestünden sie nicht aus Bronze. Vor dem Theater schließlich mit seiner...