Kopf über Wasser
Wären Erinnerungen wie Herbstlaub, sie würden in einem nur kurzen Feuer verbrennen. Es entstünde viel Rauch, aber übrig bliebe nur ein kleiner Haufen Asche. Die Ereignisse unseres Lebens, vor allem die negativen, relativieren sich rückblickend; (Lebens-)Geschichte verursacht für die Beteiligten viel Rauch, hinterlässt aber ebenfalls nur ein Häufchen Feuerüberreste.
Um die Vergangenheit ganz auszulöschen, schreitet der 2008 verstorbene Autor Ralf-Günter Krolkiewicz in seinem 2003 beim Heidelberger Stückemarkt vorgestellten Text vom abstrakten zum konkreten Feuer und schickt diese Entwicklung im Titel voraus. Nur so scheint eine Katharsis möglich.
Ein Mann erzählt dem Sohn seine Lebensgeschichte. Der blinde Vater diktiert sie ihm, der Sohn soll schweigen und schreiben. Er will dem Kind von den Rätseln des Lebens berichten, vom Schicksal, dem niemand entfliehen kann. Im Mittelpunkt dieser Lebensgeschichte steht die Ehefrau und Mutter. Man erfährt gleich zu Beginn, dass sie nicht mehr lebt. Sie erhängte sich auf dem Dachboden, und ihr Kind fand sie. In Schlesien geboren, arbeitet Anna als Magd, wird dort sowohl vom Gutsherrn als auch von dessen Sohn missbraucht. Im Januar 1945 kommt ...
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Theater heute Jahrbuch 2012
Rubrik: Die neuen Stücke der Spielzeit, Seite 153
von Bettina Wilts
In den verrammelten Laden im Erdgeschoss, der schon seit Jahren leer steht, sei endlich einer eingezogen, ein Künstler, behauptet der Nachbar, ein arbeitsloser Schreiner. Er werde ihm beim Renovieren helfen. Der heruntergekommene Laden solle Kunstatelier und Galerieraum werden. Mein Freund, der Maler ist, zuckt, als er diese Wortkombination hört, zusammen, und das...
Über nichts waren sich die Kritiker in diesem Jahr so einig wie über das Ausländische Stück des Jahres: «Three Kingdoms», Simon Stephens’ in enger Zusammenarbeit mit Sebastian Nübling entstandenes englisch-deutsch-estisches Drei-Länder-Stück zum europäischen Sexhandel mit Frauen. 18 Fans vereinte es in einem Boot, 6 mehr als das glatte Dutzend, das sich beim...
Felicia Zellers neuer Text führt unmittelbar in den ganz normalen Wahnsinn der gegenwärtigen, immer schneller werdenden Arbeitswelt und beschreibt dabei bestimmte Formen von Normalität, wie sie sich in unserer modernen Gesellschaft zunehmend etablieren: Normal ist, dass man sich fast ausschließlich nach Menge und Qualität geleisteter Arbeit beurteilt. Normal ist,...