Kein Himmel auf Erden

Gesine Schmidt «Die Russen kommen» (U, Blue Box), Dennis Kelly «Waisen»

Theater heute - Logo

Obwohl die Spielzeit am Nürnberger Staatsschauspiel mit «Paradiesische Zustände» überschrieben ist, herrscht auf den Bühnen die pure Angst: vor wirtschaftlichem Absturz, vor Überfremdung einerseits und vor gesellschaft­licher Ausgrenzung andererseits. Sieht so das Paradies aus?

Den Himmel auf Erden zumindest haben die meisten Erwachsenen und Jugendlichen erwartet, die Gesine Schmidt in ihrem Auftragswerk «Die Russen kommen» mehr porträtiert als agieren lässt.

Ihr dokumentarisches Spiel, das auf Interviews mit real existierenden Personen basiert, die dem ehemals real existierenden Sozialismus den Rücken gekehrt haben, versucht Beweggründe, alte und neue Existenz­umstände der sogenannten Russland-Deutschen begreiflich zu machen. Das ergibt einen nachdenklichen Erzählabend über Selbstbehauptung und Vorurteile, über Sehnsüchte nach
verlorenen Lebensformen und Gleichgültigkeit gegenüber Traditionen. Da träumen die mehr oder weniger in den goldenen Westen zwangsversetzten Alten von ihren verlassenen ruhigen Dörfern im hinteren Sibirien, von Nachbarschaft und Solidarität, und man spürt, wie ihnen der Kulturschock in den Gliedern schmerzt.

Da sind aber auch die Jüngeren, die Versprechungen ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Dezember 2010
Rubrik: Chronik, Seite 53
von Bernd Noack

Vergriffen
Weitere Beiträge
Die TV-Bibel

Sollte vom deutschen Privatfernsehen, dieser großartigen Trashverfertigungsanstalt für alle, von all seinen Primatenbräuten namens Daniela Katzenberger und Mittelstandsmarionetten wie Lena Meyer-Landrut einmal nichts übrigbleiben als ein dickes, orangefarbenes Buch, dann, ja dann darf man sagen: Es hat sich gelohnt. Jahre der Plackerei in den Castingfabriken der...

Weiterwursteln!

Zum Glück gibt es den Hund. Titelheld, Referenzvieh, Kommentator. Bakunin heißt er, spricht wie ein Buch und ist somit in keinem Haustier-Klischee auch nur ansatzweise unterzubringen. In Dirk Lauckes (Anti-)Gentrifizierungsposse «Bakunin auf dem Rücksitz», von Sabine Auf der Heyde in den Kammerspielen des Deutschen Theaters uraufgeführt, ist der Hund des toten Jörg...

Schöne Bescherung

Eine schöne Bescherung ist das, Himmel noch mal!», stöhn-raunzt Thomas Thieme gleich zu Beginn, als würde er im Studio gerade begreifen, worauf er sich da eingelassen hat. Denn für die fünfeinhalb Stunden des wohlgemerkt nur ersten Teils von Cervantes’ parodis­tischem Ritterroman steht ihm noch einiges bevor als Ko-Erzähler, Sancho Pansa und treffend besetzter...