Im Regal sind alle gleich
Der Wärmetod, dem nicht nur laut Lukas Bärfuss unser Universum unvermeidlich entgegensteuert, erscheint an diesem Zürcher Sommertag geradezu greifbar. Das Thermometer zeigt satte 38°C an, kein Lüftchen weht, und selbst im schattigen Hof des Schweizer Landesmuseums steht den Servicekräften, die gemächlich eine Armada von Champagnergläsern nachpolieren, der Schweiß auf der Stirn. Dabei meint Wärmetod gar nicht den schieren Hitzschlag, sondern maximale Entropie: das Ende aller Form und Bewegung.
Der Schriftsteller und Dramatiker Bärfuss hingegen wirkt gänzlich unverschwitzt, wenn er von Thomas Pynchons früher Erzählung «Entropy» schwärmt, die für ihn eine große Rolle gespielt habe. Darin belegen schwer berauschte Partygäste und ein durchgeknallter Hobbygärtner in einem New Yorker Mietshaus den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik: Jeder Versuch, Ordnung zu schaffen, vergrößert das Chaos. Paradoxa wie diese, literarisch durchgeführt, begeistern Lukas Bärfuss, der als frisch gebackener Vater den Beweis dieses Satzes gerade täglich erfährt.
Bärfuss’ Leidenschaft fürs Widersprüchliche ist aber nicht nur bei Lektüreerfahrungsberichten ergiebig. Sie hat auch dazu beigetragen, dass der ...
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