«‹Ellbogen› macht total Bock»

Cennet Rüya Voß musste schon einige Tiefschläge aus dem Repertoire souverän kontern – ein Porträt

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Ich habe jetzt drei junge, unterdrückte, handlungsunfähige Frauen in einer Spielzeit gespielt, role models sind das nicht gerade.» Cennet Rüya Voß lacht. In Düsseldorf hat der Klassiker-Kanon mit voller Wucht zugeschlagen. Mit der 27-jährigen, 1,56 Meter großen Schauspielerin hat er allerdings eine Sparringspartnerin erwischt, die weiß, wie sie Contra gibt. Wer Voß als Eve in «Der zerbrochne Krug» gesehen hat, traut sich kaum mehr, «Evchen» zu dieser Rolle zu sagen, eher sagt man erst mal gar nichts mehr.

Die über weite Strecken hochkomische Inszenierung von Laura Linnenbaum lässt am Ende nicht Eve und ihre Mutter Marthe (Michaela Steiger) mit einem Scherbenhaufen zurück, sondern uns alle. Als ein Publikum, das seit zwei Jahrhunderten bereitwillig mitlacht, wenn auf der Bühne sexualisierte Gewalt als Kavaliersdelikt aufgeführt und der «Krug» als abendfüllender Herrenwitz fehlinterpretiert wird. Und als Teil einer Gesellschaft, in der Frauen aus Angst oder Scham bis heute nur sieben bis 14 Prozent der Vergewaltigun­gen zur Anzeige bringen, je nach Statistik und EU-Land.

Es ist ein System von Machtmissbrauch und verleugneter Mitwisserschaft, das Heinrich von Kleist mit beißender ...

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Theater heute August/September 2019
Rubrik: Akteure, Seite 32
von Cornelia Fiedler

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