Die Lust und das Leid

Elmar Goerden inszeniert in Bochum mit Bruno Ganz als Titus Botho Strauß’ «Schändung»

Theater heute - Logo

Eine Uraufführung in Fortsetzungen: Erst die dritte Inszenierung bringt sie zum Abschluss. Zunächst die falsche Kombination (Bruno Ganz und Claus Peymann, das konnte nicht gut gehen, Abbruch der Proben). Dann der richtige Regisseur (Luc Bondy), aber in der fremden Sprache (Uraufführung auf Französisch in Paris), dann der richtige Ort (Berlin), aber der falsche Regisseur (Thomas Langhoff, deutschsprachige Erstaufführung), und nun der richtige Schauspieler (Bruno Ganz) – aber irgendetwas war auch falsch.

Diese kurze, aber verwickelte Aufführungsgeschichte zeigt die Attraktivität und die Schwierigkeit von Botho Strauß’ neuester Shakespeare-«Übermalung». In Paris geriet die Aufführung in die Phase der Rebellion der Migranten-Jugend der Vorstädte, in Berlin war sie ein Vorläufer der Debatte über die unmäßige Blutrünstigkeit des deutschen Stadttheaters im Gefolge des Falles Stadelmaier. Empörung und Zuschauerproteste waren an beiden Orten die Folge. Und auch die Bochumer Inszenierung scheint indirekt ein Opfer dieser Umstände zu sein. Zu den Skandalkaspern und Provokateuren vom Dienst will Elmar Goerden nun mal nicht gehören. So wird die Gewalt, die das Stück so nachdrücklich und ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Juni 2006
Rubrik: Aufführungen, Seite 12
von Gerhard Preußer

Vergriffen
Weitere Beiträge
Die Liebe in den Zeiten des Quotenfernsehens

Die amerikanische «Luftbrücke» hatte Berlin im Auftrag von Sat.1 gerettet, RTL war für «Die Sturmflut» von Hamburg verantwortlich, das ZDF organisierte die Bombardierung von «Dresden»: Gleich dreimal hintereinander erzielte die Berliner Filmfirma «Teamworx» im letzten Winter mit aufwändig inszenierten Historienstoffen Millionenquoten. Dabei hatten die Autoren...

Im Garten der Unlüste

An den ungeputzten Fensterscheiben von Bernarda Albas Haus drücken sich die Kerle aus dem Dorf die Nasen platt. Sie gaffen und lugen, geifern und lungern: Die fünf Mädels im Inneren aber bleiben unerreichbare Objekte ihrer eindeutigen Begierden. Irgendwie sind diese Männer immer präsent: in schwarzen Anzügen als Trauergemeinde, mit blankem Oberkörper als...

Niemand will wissen, wo Süden ist

Franz Wille «Heuschrecken», Ihr neuestes Stück, kann man als Fortsetzung der «Belgrader Trilogie» und «Familiengeschichten. Belgrad», den Serbien-Stücken von Mitte und Ende der neunziger Jahre, lesen. Seitdem ist viel geschehen. Milosevic ist tot, die EU wächst und wächst, Serbien ist ein – na, fast – demokratischer Staat. Alles hat sich bestens entwickelt? 

Biljan...