Die Idylle des Sarkasmus

Es gibt nicht viele gute Gründe, heute die «Dreigroschenoper» aufzuführen – außer man macht es eben: Barrie Koskys Neuauflage am Berliner Ensemble

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Fortschritte in der Auffassung der «Dreigroschenoper» kann man wohl nur noch im Detail beobachten.

Da wäre die Geschichte des «Hoppla!» («Und wenn dann der Kopf rollt» oder «fällt», je nach Fassung, «dann sag ich: Hoppla!» aus dem Lied der «Seeräuber-Jenny»): Das ganze «Und wenn dann …» im Rezitativ lassen und erst für «Hoppla!» von Singstimme auf Sprechstimme schalten? Und wie lang die Pause vor dem «Hoppla!»? Immer noch ernsthaft so tun, als wäre der köstliche Revenge-Humor eine große Überraschung, wo man doch davon ausgehen kann, dass sowieso bald Busladungen von Touristen nur für das «Hoppla!» ins Berliner Ensemble kommen werden, die die erste Inszenierung diesseits von «Linie 1» und «Blue Men Group» sehen wollen, welche auf 18/1-Plakaten in Berliner U-Bahn-Stationen beworben wird? Dasselbe gilt für das «Nein!» bzw. «nicht Nein!» im «Barbara-Song von Ja und Nein»: Wie lang die Pause halten, Synkope oder der Sprechstimmeneinsatz – schon ab «Dann sage ich ihm» oder erst nach der Pause vor dem «Nein»? 

Cynthia Micas jedenfalls, die Polly Peachum in Barrie Koskys neuer Inszenierung am BE, singt dankenswerterweise durch. Und wenn da eine Pause ist, macht sie sie woanders, ohne so ...

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Theater heute Oktober 2021
Rubrik: Aufführungen, Seite 10
von Diedrich Diederichsen

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