Auf dem Kampfplatz der Sätze
Zweimal Elfriede Jelinek am Rhein, zwei rivalisierende Städte, zwei gegensätzliche Konzepte für den Umgang mit Jelineks Texten: einmal «Skandal», einmal «Triumph». Der Düsseldorfer Skandal dauerte zwei Vorstellungen lang: massenhafter Abgang des Publikums während der Premiere, ein Zuschauer bespuckt eine Regieassistentin nach der zweiten Vorstellung. Ab der dritten Vorstellung war das vorbei. Man hatte auch in Düsseldorf begriffen, worum es hier geht: um ein provokatives Gedenken der Opfer, das die Rituale der Vergangenheitsbewältigung sprengen will.
Mit dieser Erwartung, abgefedert durch eine Einführung durch den Dramaturgen vor jeder Vorstellung, verfolgt das Publikum seitdem die Aufführung.
Distanz durchbrechen: «Rechnitz»
Wie alle Regisseure von Jelinek-Texten muss Hermann Schmidt-Rahmer in Düsseldorf ein Bühnengeschehen erfinden, das den Worten sowohl entspricht als auch widerspricht, das Humor und Verzweiflung, Repräsentation und Performance, Abbildung und Unmittelbarkeit in ein Spannungsverhältnis bringt. Aber bei ihm fehlt alle verspielte Heiterkeit, alle zweideutige Flaxerei. Der Humor bleibt immer grimmig. Der Anfang ist so locker wie möglich: Alle Schauspieler ...
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