Zum Boden, zum Himmel, ins Lichte

Drei Leseempfehlungen von Katja Brunner

Theater heute - Logo

I

Adelheid Duvanel: Fern von hier

Ich lese gierig, mir tropfen die Seiten ölig aus dem Mund, die Worte, einstmals behutsam gesetzt, fallen durcheinander in den Rachen. 

Da war/ist etwas groß, irrlichternd und doch zielstrebig. Da war/ist etwas wissend, malmend, doch suchend. Da saß ein Tier mit einem starken Kiefer und blickte seinen Lesenden entgegen, ein Tier mit einem starken Kiefer, welches seine Figuren nicht totbiss, eher frei zu beissen schien.

Liebevoll, aber niemals bevormundend den beschriebenen Zuund Umständen eine Sprache anheimstellend, die sie schillernd schützte, sanft exponierte, in mir explodierte. 

So ahnte ich nicht mehr, in welche Richtung ich weiterwachsen sollte: Zum Boden oder zum Himmel, ins Lichte, die Lücke im Licht oder ins Dunkel, ins Erdreich, kühlend und dicht, schützt, gestreng und verborgen, gehört den Würmern, die andere Augen als diese sehenden hier haben, sie haben fühlende dergleichen. 
AUS VERÄNDERUNGEN WERDEN VERSCHIEBUNGEN, DIE GLEICHSAM OHNE UNSER ZUTUN GESCHEHEN; WAHRNEHMUNG, SACHTE, WAHRHAFTE WAHRNEHMUNG IST HIER VIELLEICHT DAS MITTEL, WELCHES EI-NEN AUFZURICHTEN VERMAG. 

Hinnehmend, am Rande verzweifelnd kippen die Umstände vom ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute August/September 2022
Rubrik: Lektüresommer, Seite 48
von Katja Brunner

Weitere Beiträge
Lob der Leerstellen

Nein, er fischt keine frischen Fische, der Fischer Fritz. Jedenfalls nicht mehr. Er hatte einen Infarkt. Aber von solchen medizinischen Zwischenfällen lässt sich der gute alte Zungenbrecher natürlich nicht ausbremsen, zumindest nicht in der Gegenwartsdramatik. Raphaela Bardutzkys Stück «Fischer Fritz», das als erstes von drei druckfrischen, zur Uraufführung...

Neue Grenzen der Kunst?

Wligion, Kultur, Hautfarbe oder den Symbolen persönlicher Selbstbestimmtheit. Und antisemitische Darstellungen in «Stürmer»-Manier werden auch dadurch nicht ins Harmlose relativiert, dass Taring Padi in einem Statement zu ihrem Werk diese im Kontext anderer herrschaftskritischer Karikaturen verstehen. 

Besorgniserregend an der Antisemitismus-Debatte zur documenta...

Ich, ich, ich und noch einige mehr

Was ist das für ein Raum? Das soll eine Bühne von Robert Wilson sein, dieses verwüstete Atelier, voll gestopft, ungeordnet, anarchisch? Auf der Bühne des Düsseldorfer Schauspielhauses ist das Atelier von Francis Bacon nachgebaut, wie man es von Fotografien kennt. Ja, das passt: der grandiose Maler des 20. Jahrhunderts, Anatom und Menschenbildnis-Zertrümmerer, der...