Foto: Judith Buss
Zeig mir das Spiel vom Tod
Der Wunsch zu sterben kann aus einer kaputten Liebe herrühren oder aus verlorener Hoffnung auf Liebe, nur selten kommt er der Liebe und der Hoffnung zuvor, wie bei den fünf Teenager-Töchtern einer puritanischen Bilderbuchfamilie in Jeffrey Eugenides’ tiefschwarzem Romandebüt aus dem Jahr 1993 «Die Selbstmord-Schwestern», die allesamt in der Blüte ihrer Pubertät aus einer rätselhaften Schwärmerei heraus den Freitod wählen.
Dagegen kann Elvira, vormals Erwin Weishaupt, die Hauptfigur aus Rainer Werner Fassbinders exquisit ausweglosem Seelendrama «In einem Jahr mit 13 Monden», zumindest sagen, sie habe bis zur Geschlechtsumwandlung alles versucht.
Weil der Mann, in den sie sich noch als Erwin verliebt hat, beiläufig sagt, das wäre ja schön, dass er ihn liebe, wenn er nur ein Mädchen wäre, lässt sich der verheiratete Familienvater umoperieren – obwohl er zuvor nicht einmal schwul war – und verliert so Frau und Kind und auch den Freund, den er ohnehin nie besaß. Was dann noch folgt, ist ein Taumeln durch diverse Stadien innerer Auflösung. «Das ist mein Unrecht, dass ich eine Sehnsucht habe», stellt Elvira schließlich erschöpft fest, nicht ganz frei von Selbstmitleid, aber was macht ...
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Theater heute Mai 2017
Rubrik: Aufführungen, Seite 38
von Silvia Stammen
Am 29. Mai projiziert «The Sun» in riesigen Lettern triumphierend in Richtung Kontinent auf Dovers weiße Felsen «Dover & Out». Die Regierung in Westminster überlegt, «as a clear statement that Britain is back», die Reisepassfarbe vom jahrelangen Burgunderrot zurück zum britischen Blau zu ändern. Der «Guardian» entdeckt einen allgemeinen insularen...
«Horchen Se, wie det knackt, wie Putz hinter de Tapete runterjeschoddert kommt! Allens is hier morsch! Allens faulet Holz! Allens unterminiert, von Unjeziefer, von Ratten und Mäuse zerfressen! Allens schwankt! Allens kann jeden Oochenblick bis in Keller durchbrechen.» Was Gerhart Hauptmann in seinen «Ratten» (1911) beschreibt, ist nicht nur der Zustand eines...
Es gibt eine Szene in Johan Simons’ Inszenierung von Theodor Storms «Schimmelreiter» am Hamburger Thalia Theater, da steht Hauke Haien (Jens Harzer) mit seiner Frau Elke (Birte Schnöink) am Deich, der Sturm tost, ein Pferdekadaver liegt an der Rampe, die Wellen rollen gegen das Ufer, man ahnt das Unheil, das sich entspinnt. Haien greift wortlos nach der Hand seiner...