Willkommenskultur mit Vorspiel
Wir sind hier aufgewacht» – so hätte die erste Premiere passend heißen sollen, mit der Andreas Beck seine Intendanz am Münchner Residenztheater eigentlich eröffnen wollte. Eine Versuchsanordnung über das Geworfensein des Menschen in die Welt hatte Regisseur Simon Stone auf der Basis von Calderón und Marivaux entwickelt und halb geprobt, als er die Nachricht bekam, dass sein langgehegtes, fast schon begrabenes Filmprojekt «The Dig» mit Ralph Fiennes und Carey Mulligan nun plötzlich durch Netflix finanziert sei, dann aber auch sofort gedreht werden müsse.
Beck bewies Nervenstärke und menschliche Größe, seinen Freund Stone, der sich in einem öffentlichen Brief wortreich entschuldigte, unter solchen Umständen aus der Pflicht zu lassen. Die Produktion soll so bald wie möglich nachgeholt werden, und vielleicht ist es nicht einmal unprogrammatisch, wenn so unversehens das Auftragswerk «Die Verlorenen» von Hausautor und -dramaturg Ewald Palmetshofer auf die erste Position vorrückt.
Willkommenskultur praktiziert die neue Residenztheater-Crew um den frischgebackenen Staatsintendanten Beck, der zuletzt am Theater Basel erfolgreich war, und seine Stellvertreterin und Kommunikationschefin ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute Dezember 2019
Rubrik: Starts, Seite 8
von Silvia Stammen
Die sprachliche Lieblingsformel von Philipp Ruch ist «Wir müssen». Über hundert Mal wird in dem schmalen Essaybüchlein «Schluss mit der Geduld» gemusst. Und immer geht es dabei ums Ganze. «Wir müssen Unversöhnlichkeit mit dem Feind lernen.» «Wir müssen das Territorium des Idealismus zurückgewinnen.» «Wir müssen uns für die Humanität entscheiden und notfalls für...
Deutschland ist eine unbeschriebene Landkarte, ein weißer Fleck zwischen Nichts und Nichts, ganz nah bei Detmold. Und auf diesem leeren Podest aus hellem Holz, das sich schräg nach hinten verlängert, lässt Dusan David Parizek den deutschen Urmythos Hermannsschlacht in der Kleistschen Version aufspielen. Das Figurentableau schrumpft dabei auf ein Kammerspiel...
Wie schnell man einen Ausnahmezustand für die Normalität halten kann, zeigt sich, wenn man das Ungewöhnliche der Ausnahme unter die Nase gerieben bekommt. Zum Beispiel im Genre des zeitgenössischen Zirkus. Dort lassen Artisten auch die absonderlichsten Leistungen meistens ganz leicht aussehen – ob sie sich nun zu Drei-Mann-Türmen übereinander stapeln oder einander...