
Foto: Iko Freese
Wiebke Puls: Die schlichte Weisheit
Eines unserer abendlichen Bettkantengespräche eröffnete mein zehnjähriger Sohn mit dem Geständnis, er verstehe die Politiker nicht. Unsere Gesellschaft fuße doch auf drei Stämmen: der Freiheit, der Gleichberechtigung und der Gewaltfreiheit? Die Politiker jedoch diskutierten in Begriffen, die sich weit von diesen Grundbegriffen entfernt zu haben schienen – Lenz blieb beim Bild des Baumes und sagte: «Die Gespräche haben sich verästelt, und jetzt diskutieren sie in den Zweigen und haben darüber den Stamm vergessen.
»
Mein kluges Kind. Du hast recht. Ich möchte, dass Du in einer Welt lebst, in der wir uns immer wieder auf unsere Wurzeln besinnen, während wir wachsen. «Ein starker Stamm», «Blühende Landschaften» – mit so paradiesischen Träumen machen sich Erwachsene schnell verdächtig. Und tatsächlich meinen sie damit oft eher ein Land, in dem Dollars aus den Knospen der deutschen Eiche sprießen und keine Träume.
Ich möchte mit Dir träumen. Ich träume nicht von einem Staat. Ich träume von einer Welt, in der wir Menschen uns als eins verstehen, weil wir gleich sind. In diesem Garten kann es keine Mauern geben. Freiheit bedeutet, dass jeder einen Anspruch auf dieselbe hat. Darin sind ...
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Theater heute Jahrbuch 2017
Rubrik: Der ideale Staat, Seite 30
von Wiebke Puls
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In einer ihrer Kolumnen bei «Spiegel Online» warnt Sibylle Berg uns spöttisch: «Ihre Daten sind...
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