Werk oder Wust?
Heilige Schrift I» – darunter macht es Wolfram Lotz nicht mehr. Mit gerade mal einem halben Dutzend Stücken in den Dramatiker-Olymp aufgestiegen, holt er nun auf einen Schlag nach, was er im letzten Jahrzehnt an Seiten gespart hat.
Ein Jahr lang einfach «alles» aufschreiben, so der Plan (den Rainald Goetz bereits 1998 mit «Abfall für alle» schon einmal durchexerziert hat, noch bevor Karl Ove Knausgård zehn Jahre später mit seinem sechsbändigen autofiktionalen Exzess «Mein Kampf» die Grenzen der Offenheit noch einmal an den Rand des Erträglichen und manchmal darüber hinaus verschob). Bei Lotz gibt es Grenzen, die Familie betreffend, Frau und Kinder werden als N, E und O zwar erwähnt und laufen mal kurz durchs Bild, aber Beziehungsthemen kommen nicht zur Sprache. Dafür werden mitunter die lieben Kolleg: -innen und die Literaturbranche ins Kreuzfeuer genommen.
Dennoch bleibt es ein Beobachtungsexperiment, das unweigerlich auf das Leben des Beobachters zurückschlägt, ein Fall von Selbsterschreibung als Selbstbeschreiber, was naturgemäß zu Rückkoppelungseffekten führt, in die sich die potenzielle Leserschaft – womöglich schreiberisch vorbelastet – einklinken kann. Die doppelte ...
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Theater heute 7 2022
Rubrik: Aufführungen, Seite 6
von Silvia Stammen
Schon bemerkenswert: Gut 180 Jahre lang kümmert sich mehr oder weniger niemand hierzulande um diesen Text. Und kaum behandelt ihn die «FAZ» in der Reihe «Spielplan-Änderung!» als eines der «Stücke, die das Theater braucht», da setzt geradezu ein Wettrennen ein: 2019 erschien besagter Zeitungsbericht, im März 2021 sollte es in Karlsruhe die deutsche Erstaufführung...
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