Was kommt nach uns?

In Ovids «Metamorphosen [overcoming mankind]» entfesselt Claudia Bauer an der Berliner Volksbühne einen Text- und Bilderstrom des Werdens und Vergehens

«Alles verwandelt sich, nichts geht zugrunde», lautet eine Einsicht, die Publius Ovidius Nasos «Metamorphosen» zugrunde liegt. Ovid schrieb sein Versepos vom mythischen Weltenlauf vom Jahr 1 unserer Zeitrechung bis zu seiner Verbannung aus Rom sieben Jahre später durch Kaiser Augustus; 17 n. Chr. starb er im Exil am Schwarzen Meer. Da war das Imperium Romanum noch ein expansives Erfolgsprojekt; sein Untergang aufgrund von Pandemien und Dürren gut vier Jahrhunderte später lag noch in weiter Ferne.

Die über 250 in die «Metamorphosen» verwobenen Mythen, in denen sich Menschen und Götter in Steine, Pflanzen, Tiere und allerlei Zwitterwesen verwandeln, lesen sich gerade in Krisenzeiten des Klimawandels seltsam tröstlich: Jedes Verbrechen, jede Erfindung, jede Störung des Gleichgewichts verändert zwar die Gestalt der Erde, kann sie aber nicht endgültig löschen.

An der Berliner Volksbühne verkörpert naturgemäß das Theater selbst diese Wandlungsfähigkeit. Gleich zu Beginn der Streamingpremiere von Claudia Bauers «C-Ovid»-Adaption «Metamorphosen [overcoming mankind]» deklamiert die Schauspielerin Katja Gaudard im Chaos der Hinterbühne ihre Schöpfungsverse direkt in die Handkamera, eifrig ...

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Theater heute April 2021
Rubrik: Aufführungen, Seite 46
von Eva Behrendt

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