Tyrannenstudien
In der ehemaligen Telux-Glasfabrik ist längst der Kulturbetrieb eingezogen. Das postindustrielle Lounge-Ambiente der Hafenstube beherbergt seit 2017 ein Soziokulturelles Zentrum, gegenüber gedeihen in Hochbeeten Kürbis und Mangold, und zu den bescheidenen Überresten der hier noch ansässigen Glasindustrie gesellen sich Kreativunternehmen wie Holzschmiede und Designbüro.
Weißwasser in der Oberlausitz gehört zu den schrumpfenden Städten, die um neue Anziehungskraft ringen – ob mit der frisch belebten Telux-Fabrik, der neuen Eissportarena oder dem Turm am Schweren Berg, von dem aus man weit über den Kohle-Tagebau Nochten, teilrenaturiertes Land und bis zu den dampfenden Schloten des Kraftwerks Boxberg blicken kann.
Zur vierten Aufführung von Stefan Puchers Shakespeare-Inszenierung «Caesar» im Rahmen des Lausitz-Festivals, auch so einem Anzie -hungspunkt, ist eine zwar überschaubare, für eine Kleinstadt wie Weißwasser aber durchaus okaye Zuschauerzahl gepilgert, die jetzt zu Füßen zweier Schornsteine auf den Vorstellungsbeginn wartet. Da steigt Yorck Dippe im langen, schwarzen Rock auf eine Laderampe und berichtet, den Hof mühelos mit seiner Stimme füllend, von der ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute 11 2022
Rubrik: Aufführungen, Seite 17
von Eva Behrendt
Zum Davonlaufen! Nicht die Inszenierung, die kann man sich beruhigt ansehen, nein, die Rolle. Wer will schon eine geliebte Frau ermorden? Schauspieler:innen haben es schwer, sie müssen Dinge tun, die sie nicht wollen. Und das «Nur-alsob» reicht nicht mehr zur Entschuldigung. Eigentlich sollte man Shakespeares «Othello» gar nicht mehr spielen, meint die weiße...
Herr Kimidori ist freundlich. Herr Kimidori ist Angestellter in einem Konferenzhotel und für die Figuren in Toshiki Okadas «Doughnuts» am Hamburger Thalia Theater ist er die einzige Verbindung nach draußen. Johannes Hegemann spielt diesen Herrn Kimidori als zwiespältige Figur: einerseits als jemanden, der hilft, wo er kann, und der, als das Unheimliche ins Hotel...
Bei Bertolt Brecht kam bekanntlich erst das Fressen, dann die Moral. Am Berliner Ensemble heute kommt erst der Box Office Hit, dann kommen die Kommentare. Den Hit besorgte noch im Som -mer 2021 Barrie Kosky mit einer wirkungsbewusst verspielten, musicalisierten «Dreigroschen -oper», die seither den großen Saal am Schiffbauerdamm regelmäßig füllt. Anschließend...