Striche peitschen durch das Buch
Madame Bovary ist die Frau eines Landarztes und ein Buch. Und weil es Flaubert geschrieben hat, wurde es ein unübertrefflicher Roman. Chabrol machte daraus einen recht guten Film mit Isabelle Huppert, denn die «Bovary» besteht nicht nur aus Stil, sondern auch aus Story. Diese klamme Liebesgeschichte eignet sich durchaus für ein Ballett, einen Film, ein Ölbild, was auch immer.
Es heißt dann «Emma» oder «Schicksal einer Gattin», man schaut sich’s an und sagt hernach: «Aber jetzt lesen Sie mal Flaubert!»
Die Kino-Industrie hat seit je die Literatur verfilmt, mit mehr oder weniger Geschick und Erfolg, der stets dann am größten war, wenn die Vorlage lediglich gut erzählt, der Filmregisseur jedoch ein Künstlergenie war (Buñuel zum Beispiel, Kubrick und Hitchcock). Im Kino wachsen Stimmungen, Bedrohung, Trost, Furcht, Zorn durch Musik, Großaufnahmen, Farben, Schnitt – und im Theater? Es ist – wer hätte das gedacht – der Dialog, das Wort, worauf es ankommt; und wie diese Worte vorgetragen werden; und Malgrund mit Rahmen zählen auch.
Daher muss das Theater, will es eine Erzählung aufführen, entweder expressive Bilder auf die Bühne schmeißen, ein Stimmungsmaler-Chaos, das (mit Blut und ...
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Wir persönlich hätten uns ja auch Margot Honecker und Wolf Biermann als «Traumpaar von einst» vorstellen können. Wo Florian Havemann in seinem symbolischen Vatermord-Wälzer «Havemann» gerade so lustig von einem One-Night-Stand der DDR-Staatsratsvorsitzenden-Gattin und -Volksbildungsministerin mit dem ausgebürgerten Sänger plauderte! Egal, ob es sich dabei um...
Das Rührendste kam zum Schluss: Da verbeugte sich Nuran Calis inmitten seines Teams so ungelenk, so wacker bemüht, der Applaus-Etikette Genüge zu tun, dass der Beifall schier kein Ende nehmen wollte. Es war ohnehin ein Klatschen der gerührten Herzen. Wann hatte man zuletzt einen so ungehemmt naiv und unironisch gespielten Klassiker gesehen? So ungebrochen auf die...
Die Beliebtheit des Medea-Mythos dürfte unter anderem in seiner dreifachen Verwertbarkeit für heute liegen: Zum einen das Thema Kindsmord als ein aus Verzweiflung geborener Akt der Autoaggression. Zum anderen das immer gültige Ehedrama: Er nimmt sich eine Jüngere, sie bleibt als desperate Ex zurück. Zum dritten aber auch die arrogante Xenophobie, die...