Schuld und Bühne

Es gibt viele Möglichkeiten, Dostojewski zu vermeiden: Beispiele aus Frankfurt und Dresden von Bastian Kraft und Matthias Hartmann

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Dostojewski ist einer der Autoren, an die man einmal geglaubt haben muss. Für empfängliche Seelen ist das eine beglückende Zeit, man identifiziert sich mit des Russen irrsinnsnahem Allmitgefühl: sein spezielles Gespür für die Spielsucht des Spielers, die Zerrüttung des Mörders, die Fallsucht des Idioten. Später schämt man sich dann etwas für die Dostojewski-Begeisterung oder freut sich, dass man das einmal erleben durfte. Damit ist es dann meist auch gut, sofern man nicht vom Dostojewski-begeisterten deutschen Theater wieder angesteckt wird.

Zum Beispiel «Schuld und Sühne» am Schauspiel Frankfurt. Schnell die notwendigen Eckdaten: Wir haben fünf Raskolnikows (Nico Holonics, Torben Kessler, Oliver Kraushaar, Christoph Pütthoff und Lukas Rüppel, alle in grauer Einheitsunterwäsche), wobei Holonics den Oberraskolnikow gibt und die anderen schon auch mal die anstehenden anderen: Torben Kessler etwa den Ermittlungsrichter Porfiri. Es geht darum, dass Raskolnikow verrückt ist, sich im Kopf vervielfacht hat und mithin eine multiple Persönlichkeit ist. Das wird anfangs von Holonics allein, dann immer mit einem zusätzlichen Schauspieler, später von allen fünf gemeinsam vorgeführt, mit viel ...

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Theater heute März 2016
Rubrik: Aufführungen, Seite 22
von Peter Michalzik

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