Queer, feministisch, gebildet
Gundula Haage Mihaela Dragan, im Jahr 2014 haben Sie zusammen mit Ihrer Schauspielkollegin Zita Moldovan die Theaterkompanie «Giuv -lipen» gegründet. Wie kam es dazu?
Mihaela Dragan Davor gab es einfach keinen Platz für uns. Die wenigen Roma-Schaupieler:innen, die man auf Theaterbühnen oder im Fernsehen sehen konnte, gingen entweder als weiß durch oder sie wurden für stereotype, abwertende Rollen besetzt.
Rollen für Männer haben immer irgendwas mit Kriminalität zu tun, während wir Romnja als ungebildete Tänzerinnen oder Sexarbeiterinnen mit vielen Kindern dargestellt werden. Ich hatte genug davon, ständig Rollen abzusagen. Bei «Giuvlipen» entscheiden wir selbst, wie wir uns darstellen. Unsere Stücke sind explizit politisch und beschäftigen sich mit den tatsächlichen Themen, denen Roma in Rumänien und ganz Europa ausgesetzt sind, die man aber bisher im Theater nicht sehen konnte.
Haage Was für Themen sind das?
Dragan Das ist ganz unterschiedlich und reicht von Kink und selbstbestimmtem Sex bis zu Geschichtsaufarbeitung. Was alle unsere Stücke gemeinsam haben, ist, dass wir unsere eigene Geschichte aus unserer Sicht als Romnja erzählen. Unser erstes Stück, «Gadjo Dildo», war zum ...
«Giuvlipen» Gründerin MIHAELA DRAGAN, geboren 1986, ist Schauspielerin und Dramaturgin, lebt und arbeitet in Bukarest und Berlin. Im Jahr 2014 gründete sie zusammen mit anderen Roma-Schauspielerinnen die Giuvlipen Theatre Company. Ihre Stücke haben eine feministische Agenda und beschäftigen sich mit Themen wie Frühverheiratung, Antiziganismus, Hetze, Übersexualisierung, Vertreibung und Heteronormativität. 2015 spielte sie in «Aferim» von Radu Jude, ausgezeichnet mit dem Silbernen Bären für Regie bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin. Am Maxim Gorki Theater spielte sie in Yael Ronens «Roma Armee» (2017)
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Theater heute Februar 2024
Rubrik: Akteure, Seite 30
von Gundula Haage
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