Nähe und Distanz

Daniela Löffners Schauspielertheater «Sommergäste» nach Maxim Gorki am Deutschen Theater und Sebastian Nüblings Heiner-Müller-Performance «Hamletmaschine» am Maxim Gorki Theater

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Unmittelbar vor der Pause tanzt eine aus der Reihe: Kathleen Morgeneyer, zwei Stunden lang ein aufgekratztes Hühnchen auf der Suche nach ein bisschen Leidenschaft, nimmt sich ihren Auftritt, reißt sich den goldenen Lametta-Fummel vom Körper und tritt im roten Licht halbnackt an die Rampe, schwarze Troddeln an der Brust und tiefe Verzweiflung in der Stimme: «Schaffen wir uns ab!», röhrt sie mit Peter Lichts Song «Neue Idee» zu eckigen Tanzschritten, während sie sich schwarze Farbe in den Slip gießt und über die Beine rinnen lässt: Blacklegging, eine neue Form der Selbstauslöschung.



Durchschimmernde Sehnsüchte

Eine Verwirrung im schönen Spiel des Altbekannten, das Daniela Löffner mit ihrer Inszenie­rung von Gorkis «Sommergästen» im Deutschen Theater bis dahin zelebriert hatte; im geschlossenen Holzkasten (von Claudia Rohner), in dem das 15-köpfige Ensemble auf flexiblen Klapp­stühlen unsortiert Platz genommen hat. Wir kennen die Versuchsanordnung. Jürgen Gosch hat sie immer wieder angewendet in den auf- und abganglosen Boxen, die Johannes Schütz ihm baute: ein Spiel im Kasten, das keiner der Akteure je verlässt, das Ensemble eine omnipräsente Einheit, aus der immer wieder einer, zwei ...

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Theater heute April 2018
Rubrik: Aufführungen, Seite 20
von Barbara Burckhardt

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